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Umfrage: Muss Annette Schavan zurücktreten?

6 Feb

Der Entzug des Doktorgrads der Bundesbildungsministerin ist in aller Munde, und es wird über ihren Rücktritt diskutiert. Was meinen unsere Leser:

Und damit zusammenhängend die Frage:

Sie Homosexueller!

11 Jan

Ist die Bezeichnung eines anderen als homosexuell eine strafbare Beleidigung? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Tübingen zu beschäftigen. Währen einer Blutentnahme hatte ein unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehender 24-Jähriger nämlich Polizisten als „Homosexuelle“ bezeichnet. Die außerdem geäußerten Bezeichnungen als „dreckige Schwanzlutscher“ und „Schwuchteln“ wertete das Landgericht ohne weiteres als Beleidigung. Mit dem Begriff „Homosexueller“ hatte es dagegen Probleme.

Dieser Bezeichnung komme nämlich, „keine wertmindernde Bedeutung – mehr – zu.“ Schließlich seien gemäß § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), der eine einfachgesetzliche Konkretisierung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz (GG) ist, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“. Daher dürfe auch niemand wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert werden.

Entscheidend sei, so das LG, „dass sich das Strafrecht in einen Widerspruch zu dem verfassungsrechtlich begründeten Antidiskriminierungsansatz begeben würde, wenn die Bezeichnung als ‚homosexuell‘ als ehrmindernd und herabsetzend bewertet würde. Darin käme gerade die Diskriminierung zum Ausdruck, die von Rechts wegen nicht mehr sein soll.“

Das Motiv des Landgerichts, nämlich der Kampf gegen die Diskriminierung homosexueller Menschen, ist ohne Frage begrüßenswert. Jedoch sind das Ergebnis und die Begründung nicht überzeugend. Art. 3 GG und § 1 AGG besagen, dass eine Diskriminierung aufgrund der genannten Merkmale unzulässig ist. Hieraus lässt sich folgern, dass auch andere Gesetze so anzuwenden sind, dass sie nicht in Widerspruch zu dem Verbot stehen.

Das verbietet allerdings nicht, die Bezeichnung als homosexuell als Beleidigung zu qualifizieren. Schließlich diskriminiert derjenige, der andere so bezeichnet und dies als Beleidigung verstanden wissen will selbst homosexuelle Menschen. Denn er gibt deutlich zu erkennen, dass er Homosexualität für ehrenrührig hält. Einer solchen Äußerung mit dem Ziel des Schutzes vor Diskriminierung die Qualität als Beleidigung abzusprechen, ist widersprüchlich – geradezu absurd.

Eine weitere Ungereimtheit tritt auf, wenn man die Argumentation des LG weiterdenkt: Nach ihr wäre auch die Bezeichnung als „behinderte Polizisten“ nicht als Beleidigung zu qualifizieren, denn nach dem AGG dürfen auch behinderte Menschen nicht diskriminiert werden. So sehr man sich eine Gesellschaft ohne die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung wünscht – die Bezeichnung als „behindert“ gilt als ehrenrührig, zumal hier auch die Reduzierung der Person auf nur diese Eigenschaft mitschwingt. Letzteres ist also als Beleidigung zu qualifizieren. Nach der Argumentation des LG ständen dem aber Art. 3 GG und das AGG entgegen.

Die Lösung des Falls ergibt sich aus der Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, die bei der Auslegung des Beleidigungstatbestands stets notwendig ist: In der Situation, in der der Täter auch die oben genannten härteren und eindeutig beleidigenden Begriffe verwendet, stellt auch die Bezeichnung als homosexuell eine Beleidigung dar – ansonsten jedoch nicht. Das folgt aber nicht aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, sondern aus einer erfreulichen Entwicklung: Für weite Teile der Gesellschaft ist Homosexualität heute weder etwas Ungewöhnliches noch etwas ehrenrühriges, und die bloße Bezeichnung als homosexuell ist deshalb keine Beleidigung mehr.

Die „frewillig“ abgegebene Speichelprobe

23 Nov

Laut Spiegel-Online sollen nach der Vergewaltigung einer Soldatin in einer niedersächsischen Kaserne 500 Soldaten – das gesamte männliche Personal der Kaserne – zum freiwilligen Speicheltest zwecks Bestimmung des sogenannten „genetischen Fingerabdrucks“ antreten. Ihre rechtliche Grundlage findet eine solche Maßnahme in § 81h StPO. Sie bedarf der richterlichen Anordnung und ist nur mit schriftlicher Zustimmung des Betroffenen zulässig. Zwangsweise darf der Test nicht durchgeführt werden, denn schließlich besteht gegen keinen der zum Test aufgerufenen ein Verdacht.

Was aber tun, wenn ein Aufgerufener nicht zum Test erscheint? Die Antwort des BVerfG (NJW 1996, 1587, 1588)  ist klar: Die Verweigerung der Probe darf „nicht als ein den Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer begründendes oder bestärkendes Indiz gewertet werden […]; das ergibt sich aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz, dass das Gebrauchmachen von einem gesetzlich eingeräumten Rechtsbehelf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf.“ Entsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/5674 S. 13 f.): „Aus der Ausgestaltung der Regelung als Befugnisnorm für eine Maßnahme auf der Basis freiwilliger Mitwirkung der Betroffenen folgt [], dass allein die Verweigerung der Teilnahme am Reihengentest für sich betrachtet keinen Anfangsverdacht begründen kann.“

Nimmt man dies ernst, wird § 81h StPO eigentlich überflüssig, denn das Ziel eines Reihengentests ist es ja gerade, möglichst viele Unschuldige zum DNA-Test zu bewegen, um dann durch das Ausschlussverfahren auf den Täter zu kommen. Darf man den Anfangsverdacht also nicht aus dem Fernbleiben vom DNA-Test folgern, stellt sich die Frage, wie man überhaupt an ihn kommen soll.

Laut der Gesetzesbegründung darf man deshalb hierfür auf „sonstige Umstände, zu denen auch die Prüfmerkmale nach Absatz 1 zählen,“ zurückgreifen. Dem fernbleiben kommt für einen so gefundenen Anfangsverdacht – entgegen der Vorgabe des BVerfG – eine „verdachtsverstärkende Wirkung“ zu.

Im Klartext: Aus der Tatsache, dass man nicht zum Gentest erscheint, darf kein Verdacht geschlossen werden, wohl aber daraus, dass man zu der Gruppe, die für den Test ausgewählt wurde. Dieser Verdacht wird dann dadurch verstärkt, dass man nicht zum Test erschienen ist. Von der Freiwilligkeit bleibt damit nichts mehr übrig.

Zwei BGH-Richter plaudern aus dem Nähkästchen

9 Nov

So könnte der Titel des Aufsatzes von Professor Dr. Thomas Fischer (Autor des gleichnamigen StGB-Kommentars) und Professor Dr. Christoph Krehl, beide Mitglieder des 2. Strafsenats des BGH, in der September-Ausgabe  des Strafverteidigers lauten, den ich jedem am Strafverfahren Interessierten zur Lektüre empfehlen möchte. Sie haben sich jedoch für „Strafrechtliche Revision, ‚Vieraugenprinzip‘, gesetzlicher Richter und rechtliches Gehör“ entschieden. Darin setzen sich beide mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.5.2012 auseinander, in dem es um die Frage ging, ob es mit dem Recht auf den gesetzlichen Richter vereinbar ist, wenn ein Richter zwei Strafsenaten gelichzeitig vorsitzt. Grund hierfür war, dass Thomas Fischer vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe im Wege des einstweiligen Rechtschutzes erreicht hatte, dass der Posten des Vorsitzenden des 2. Strafsenats, um den er sich ebenfalls – nicht erfolgreich – beworben hatte, zunächst nicht besetzt werden darf.

Dies nehmen Fischer und Krehl zum Anlass, über die Arbeit von BGH-Richtern und insbesondere von Senatsvorsitzenden zu schreiben und bieten hiermit einen sehr interessanten Einblick, der sich dem Außenstehenden sonst nicht bietet. Beispielsweise ist es gängige Praxis, dass die Revisionsakten nicht von allen Richtern, sondern nur vom Vorsitzenden und einem Berichterstatter gelesen werden. Letzterer trägt seinen Senatskollegen den Sachverhalt, die Urteilsbegründung, die Revisionsbegründung und seine eigene Einschätzung der rechtlichen Probleme vor. An einem Tag mit sieben Stunden Beratungszeit werden so laut Fischer und Krehl 8-15 etwa 70-seitige Akten besprochen – dass es schwierig sein dürfte, hier den Überblick zu behalten und vor allem fundierte Beiträge zur Urteilsfindung zu leisten, ist offensichtlich und wird in dem Aufsatz problematisiert. Wenn es dann noch um „exotische“ Probleme geht, dürfte es im Ergebnis wohl darauf hinauslaufen, dass sich der Berichterstatter, der sich ja als einziger vertieft mit der Materie beschäftigt hat, durchsetzt. Vielleicht ist hierin auch eine Erklärung für Urteile zu suchen, die den Leser manchmal nicht vollends überzeugen.

Im Kollegium des BGH dürfte der Aufsatz wahrscheinlich nicht auf ungeteilte Begeisterungsstürme stoßen, denn auch mit Seitenhieben in Richtung ihrer Kollegen sparen Fischer und Krehl nicht.

Thomas Fischer/Christoph Krehl, Strafverteidiger 2012 (Heft 9), S. 550-559

Dem agent provocateur ist nichts zu schwör!

7 Nov

V-Leute sind Personen, „die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit [sind], diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen und deren Identität grundsätzlich geheim gehalten wird.“  Etwas weniger euphemistisch ausgedrückt kann man sie auch als „Spitzel“ bezeichnen, die sich ihre Spitzelei vom Staat bezahlen lassen.

Eine spezielle Form des Spitzels ist die des „Lockspitzels“. Aufgabe dieses „agent provocateur“ ist es, einen Verdächtigen zu einer Tat zu bewegen, bei deren Begehung man ihn dann überführen kann. Straflos bleibt der agent provocateur dabei deshalb, weil ihm der Vollendungs- oder Beendigungsvorsatz fehlt.

Rechtlich zulässig kann dieses – gesetzlich nicht vorgesehene Vorgehen – allenfalls dann sein, wenn sich die Maßnahme gegen einen Verdächtigen richtet, wenn also z.B. versucht wird, von einem bekannten Drogenhändler Drogen zu kaufen. Wird dagegen ein Unverdächtiger zu einer Tat veranlasst, verstößt das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Einen solchen Verstoß haben, wie die Berliner Zeitung gestern berichtete, anscheinend die Berliner Strafverfolgungsbehörden begangen. 2011 vermeldete man dort den „größten Kokainfund der letzten 33 Jahre“ – insgesamt 100 kg. Vor dem Schmuggel war der nicht vorbestrafte und anscheinend auch nicht sonderlich verdächtige Beschuldigte laut B.Z. rund eineinhalb Jahre lang von einem V-Mann bearbeitet worden, der ihm einen vermeintlichen Schmuggler, der tatsächlich verdeckter Ermittler der Polizei war, vorstellte und ihn immer wieder drängte, in den Drogenhandel einzusteigen.

Der zuständige Staatsanwalt sieht hierin anscheinend kein Problem: „Hätte es das 100-Kilo-Kokaingeschäft […] nicht gegeben, dann hätte die Gruppierung ein anderes Geschäft an uns vorbei gemacht.“ Das Problem liegt hier allerdings gerade darin, dass es momentan so aussieht, als wäre gerade dies nicht der Fall gewesen, als hätte nämlich der Beschuldigte die Tat ohne den V-Mann und den verdeckten Ermittler überhaupt nicht begangen. Sollte sich dies bewahrheiten, löst sich die Begründung der Staatsanwaltschaft in Luft auf und übrig bleibt: ein Verstoß gegen den Rechtsstaat.

Herr Jäger und der Blutalkohol

18 Jul

Nach einem Bericht von Spiegel-Online fordert der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) eine Absenkung der absoluten Fahruntüchtigkeit für Fahrradfahrer von derzeit 1,6 Promille auf 1,1 Promille. Dabei offenbart Jäger beträchtliche Wissenslücken, was § 316 StGB angeht.

Bei der Trunkenheitsfahrt wird zwischen der relativen und der absoluten Fahruntüchtigkeit unterschieden. Die relative beginnt bei 0,3 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) und die absolute beim Auto bei 1,1 Promille BAK und beim Fahrrad bei 1,6 Promille BAK. Herr Jäger stellt es sich nun so vor, dass man diesen letzteren Wert einfach absenken kann – aber so einfach ist das nicht. Das zeigen die medizinischen Erkenntnisse, die hinter den beiden Begriffen stehen. Danach wird nämlich davon ausgegangen, dass ab 0,3 Promille BAK eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich ist. Das bedeutet aber (natürlich) nicht, dass derjenige, der 0,3 Promille Alkohol im Blut hat, tatsächlich fahruntüchtig und damit strafbar ist, sondern man muss nachweisen, dass er tatsächlich nicht im Stande ist, ein entsprechendes Gefährt zu führen. Wie macht man das? Indem man prüft, ob er Ausfallerscheinungen zeigt – etwa die berühmten Schlangenlinien. § 316 StGB ist also erfüllt, wenn man ein bisschen Alkohol (0,3 Promille BAK) getrunken hat und das Gefährt nicht mehr sicher steuern kann (Ausfallerscheinungen). Neben dieser relativen Fahruntüchtigkeit gibt es aber auch noch die absolute. Dabei ist der Fahrer nicht „fahruntüchtiger“ als bei der relativen, sondern es werden nur andere Anforderungen an den Nachweis gestellt. Hier kommt wieder die Medizin ins Spiel: Es ist wissenschaftlich gesichert, dass ab 1,1 Promille BAK niemand, aber wirklich niemand mehr ein Auto auf Dauer sicher führen kann – beim Fahrrad ist das ab 1,6 Promille BAK der Fall. Wenn dieser Wert erreicht ist, ist völlig egal, ob der Fahrer in der konkreten Situation Fehler gemacht hat oder nicht, weil es ihm aus medizinischer Sicht unmöglich ist, sicher zu fahren.

Weil diese absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern aber erst bei 1,6 Promille BAK erreicht ist, kann Herr Jäger den Grenzwert nicht einfach absenken. Dafür bräuchte man vielmehr neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Erkenntnisse des Innenministers stützen. Der andere Weg wäre, § 316 StGB zu ändern und dort starre Grenzen einzuführen. Aber dafür sind erstens nicht die Länder zuständig, und zweitens mag der Gesetzgeber im Strafrecht keine konkreten Zahlen und belässt es lieber bei abstrakten Formulierungen. Alles in allem: Schön, dass Herr Jäger darüber geredet hat.

Der 17-jährige Ray heißt Robin und ist 20 Jahre alt

19 Jun

Zugegeben, die Überschrift ist etwas verwirrend, und genauso verwirrend war die Geschichte, die der sogenannte „Waldjunge“ den Berliner Behörden aufgetischt hat. Nachdem seine Mutter gestorben sei, habe er mit seinem Vater fünf Jahre lang im Wald gelebt, und nachdem sein Vater gestorben sei habe er ihn im Wald begraben und sei nach Berlin gewandert. Dort ist er dann im Roten Rathaus vorstellig geworden. Er kenne nur seinen Namen (Ray) und sein Alter (17) − und die genannte Geschichte. Deutsch konnte er nur bruchstückhaft und sprach fast ausschließlich Englisch. An der Klärung seiner Herkunft schien er kein Interesse zu haben. Nun hat sich aber ein früherer Freund gemeldet und Ray (17) aus ??? als Robin (20) aus Hengelo (NL) erkannt.

Laut Spiegel Online muss sich Robin deshalb unter Umständen strafrechtlich wegen „Erschleichens von sozialen Leistungen“ verantworten. Er war nämlich in den Genuss eines Betreuten Wohnens, eines Deutschkurses und 240 € „Taschengeld“ gekommen. Da es einen Tatbestand des „Erschleichens von sozialen Leistungen“ aber nicht gibt, kommt hier eine Strafbarkeit wegen Betrugs in Betracht. Wenn man die Tatbestandsvoraussetzungen einmal durchmustert, scheint sie unproblematisch gegeben. Doch stellt sich hier − einmal mehr − die Frage nach der „Opfer“mitverantwortung, also hier der Mitwirkung der zuständigen Behörde. Denn, dass die (im wahrsten Sinne des Wortes) abenteuerliche Geschichte höchtswahrschinlich nicht stimmt, drängt sich jedem sofort auf, zumal sich „Ray“ während Befragungen immer wieder in Widersprüche verstrickte. Man könnte deshalb argumentieren, dass sich hauptsächlich das Risiko realisiert hat, das die Behörden durch ihre Blauäugigkeit gesetzt haben. Sicher, der Betrugstatbestand soll auch den Naiven schützen, aber irgendwann muss auch für die naivste Behörde der Welt das Ende der Fahnenstange erreicht sein: Ray hatte, als er nach fünf Jahren aus dem Wald kam, gepflegte Fingernägel, geschnittene Haare und saubere Kleidung…

Französische Imker sind durch Burkaverbot besonders hart getroffen

10 Jun

…berichtete „Der Postillon“ bereits im April:

Imker durch Burkaverbot in Frankreich besonders hart getroffen

Paris (dpo) – Das kürzlich in Frankreich in Kraft getretene Burkaverbot trifft Imker besonders hart und könnte schon bald für leere Honigregale in den Supermärkten sorgen. Das erklärte heute der Zentralverband der französischen Bienenzüchter auf einer Pressekonferenz.

„Seit Einführung des Burkaverbots in Frankreich wurden bereits Dutzende Imker zu einer Strafe von 150 Euro verurteilt, nur weil sie einen Schutzanzug trugen“, so ein Sprecher des Verbandes. „Wobei auch einige der Betroffenen auf die Möglichkeit zurückgegriffen haben, an einem Integrationskurs teilzunehmen anstatt zu bezahlen.“ Zwei Bienenzüchter aus der Normandie stünden seitdem allerdings kurz vor der Abschiebung.
Ein Großteil der französischen Imker wiederum hält sich an das Burkaverbot und zahlt dafür einen hohen Preis: „Ich wurde in den letzten Tagen mehrfach im Gesicht gestochen“, klagt etwa Charles Abeille, ein Bienenzüchter aus dem Limousin. „Sehen sie sich meine Oberlippe an. Wenn das Burkaverbot nicht aufgehoben wird, dann gibt es bald Tote!“

Weiterlesen unter http://www.der-postillon.com/2011/04/franzosische-imker-durch-burkaverbot.html

Französische Weinprobe mal anders

31 Mai

In Frankreich besteht ab dem 1. Juli für Autofahrer die Pflicht, einen unbenutzten Alkoholtest mit sich zu führen. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass Fahrer, wenn sie sich nicht sicher snd, ob sie noch im Stande sind ihr Auto sicher zu führen ihre Atemalkoholkonzentration testen und dan aufs Autofahren verzichten. Hierdurh erhofft man sich einen Rückgang der − in Frankreich anscheinend recht hohen − Zahl alkoholbedingter Verkehrsunfälle. Ab 1. November wird für den Fall, dass kein Alkoholtest an Bord ist, ein Bußgeld in Höhe von 11,00 € fällig.

Mir kommen dabei (nicht ganz so) leise Zweifel, ob diese Maßnahme überhaupt geeignet ist, das gewünschte Ziel zu erreichen. Denn, was macht der Fahrer, wenn er nur ein Röhrchen dabei hat? Wenn er pustet und merkt, dass er nicht mehr fahren sollte, lässt er (im besten Fall) das Auto stehen. Wunderbar! Aber wenn er pustet und noch fahrtüchtig ist, riskiert er, das Bußgeld zahlen zu müssen, wenn er kontrolliert wird, weil er ja kein einsatzbereites Röhrchen mehr dabei hat. Das droht meines Erachtens, dazu zu führen, dass die Röhrchen weitgehend ungenutzt bleiben. Um dem entgegen zu wirken müsste die Vorschrift so geändert werden, dass derjenige, der den Test gerade eingesetzt hat, um die Zahlung herumkommt, weil die Regel anderenfalls nutzlos bleiben dürfte. Aber dann kann man auf die Regelung auch gleich verzichten, weil wohl ohnehin jeder, der keinen Test dabei hat, behaupten wird, ihn gerade erst benutzt und danach entsorgt zu haben. Letzteres wäre wohl ohnehin die bessere Alternative.

Offensichtlich unbegründet!

25 Mai

„In diesem Verfahren wurde das Rechtsmittel ohne weitere Begründung verworfen. Rechtskräftig ist somit die Entscheidung der Vorinstanz geworden, das Aktenzeichen der Vorinstanz können Sie der Pressemitteilung entnehmen.“

Diese Erklärung begegnet einem, wenn man auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs nach dem letztinstanzlichen Urteil im Fall Magnus Gäfgen sucht. Dahinter verbirgt sich eine Verfahrenbeendigung nach § 349 Abs. 2 StPO, wonach das Gericht „auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden [kann], wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.“ Wenn man sich bislang noch nicht mit der Verwerfung als „offensichtlich unbegründet“, der sogenannten „ou-Verwerfung“, befasst hat, mag es einerseits verwundern, dass die Revision dieses heftig umstrittenen Falls tatsächlich „offensichtlich unbegründet“ gewesen sein soll und andererseits, dass ein solches Instrument, mit dem Revisionen ohne jegliche Begründung abgeschmettern werden können, überhaupt existiert. Weniger ungewöhnlich ercheint die ou-Verwerfung bei Gäfgen, wenn man sich die Statistik des BGH ansieht: 76 % der erledigten Revisionen werden mit einem „ou“ quittiert.

Zu diesem Thema ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS) − besuchenswert auch das Schwesterprojekt „Zeitschrift für das juristische Studium (ZJS)“ − ein lesenswerter Aufsatz von Henning Rosenau, Professor in Augsburg, erschienen. Darin geht er zunächst auf die Entstehungsgeschichte des § 349 Abs. 2 StPO ein, der ursprünglich geschaffen wurde, um diejenigen Revisionen schnell erledigen zu können, bei denen offensichtlich war, dass es dem Beschuldigten nur darum ging, die Rechtskraft hinauszuzögern und er deshalb kein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung durch Urteil hatte. Deshalb konnten Revisionen, bei denen überhaupt kein Zweifel an der Unbegründetheit bestanden, als „ou“ verworfen werden. Selbst das kann man bereits kritisieren, aber hier war der Anwendungsbereich zumindest noch deutlich geringer als nach der heutigen Lesart. Denn heute genügt es nach der Rechtsprechung, „dass der Revisionssenat einhellig der Auffassung ist, dass die von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen zweifelsfrei zu beantworten sind und auch die Durchführung einer Revisionshauptverhandlung keine neuen Erkenntnisse tatsächlicher oder rechtlicher Art erwarten lässt.“ Damit ist der Anwendungsbereich der ou-Verwerfung ganz erheblich ausgedehnt und kann sich auch negativ auf die Rechtsfortbildung auswirken: Wenn eine gefestigte oder ständige Rechtsprechung besteht, lassen sich Rechtsfragen in der Regel ohne weiteres beantworten, und zu einer Änderung der Rechtsprechung kann es nicht kommen, weil Revisionen, die sich hiergegen wenden, „ou“ sind. Aber neben diesen noch eher praktischen Fragen, stellt sich meines Erachtens die Frage, ob diese Vorgehen eines Rechtsstaats überhaupt würdig ist. Meine Antwort: Nein!

Henning Rosenau, Die offensichtliche Ungesetzlichkeit der „ou“-Verwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO in der Spruchpraxis des BGH, ZIS 2012, 195-205

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