Archiv | April, 2012

Außerordentliche Kündigung bei Schwarzarbeit im Dienst?

12 Apr

In zwei aktuellen Verfahren (3 Ca 3495/11 und 3 Ca 3566/11) hatte sich das Arbeitsgericht Mönchengladbach mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die Durchführung von Schwarzarbeit während der eigentlichen Dienstzeit eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen kann.

Zwei Arbeiter der Grünpflegekolonne – einer von Ihnen war Vorarbeiter – hatten gegen Zahlung von 300 Euro versprochen, privat vier Bäume zu beseitigen, was jedoch nur teilweise erfolgte. Daraufhin beschwerte sich die Grundstückseigentümerin bei der Stadt, die so von der Vereinbarung der Schwarzarbeit erfuhr und den beiden Arbeitnehmern gemäß § 626 Abs. 1 BGB fristlos kündigte. Die Kläger des Kündigungsschutzverfahrens gemäß § 4 S. 1 KSchG beriefen sich darauf, dass sie jedenfalls kein Entgelt gefordert hätten und das Geld einer Sparkasse der Grünpflegekolonne zugeführt wurde.

1. Kündigungsschutzklage des Vorarbeiters

Die Kündigungsschutzklage hatte Erfolg, da die Stadt versäumte, die fristlose Kündigung innerhalb der Ausschlussfrist des § 626 Abs. II BGB zu erklären. Anknüpfungspunkt des Fristbeginns ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den kündigungsrelevanten Umständen Kenntnis erlangt hat. Zwar können im Einzelfall weitere Aufklärungsmaßnahmen des Arbeitgebers dazu führen, dass der Zeitpunkt nicht unmittelbar an die erstmalige Kenntniserlangung anknüpft (so etwa bei Verdacht einer Straftat und internen Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts, um den Verdacht zu entkräften oder ein solides Fundament für eine Kündigung zu erhalten). Im vorliegenden Fall lag jedoch keine entsprechende Sachlage vor, sodass das Arbeitsgericht von einem Fristversäumnis ausgehen konnte. Insbesondere bestritten die Kläger nicht, dass es zu einer entsprechenden vereinbarung gekommen war.

2. Kündigungschutzklage des anderen Arbeitnehmers

Auch die Kündigungsschutzklage des anderen Arbeitnehmers hatte Erfolg. In diesem Fall wurde zwar die Ausschlussfrist des § 626 Abs. II BGB gewahrt. Die fristlose Kündigung ist jedoch nur dann rechtmäßig, wenn der Kündigungsgrund gemäß § 626 Abs. 1 BGB 1. an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen und 2. auch im Einzelfall eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Fall ergibt, dass der außerordentlichen Kündigung keine Einwände entgegen stehen. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach vertrat hierzu den Standpunkt, dass zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sei, dass dieser bereits viele Jahre in dem Betrieb tätig war und er letztlich auf Anweisung des Vorarbeiters tätig geworden sei, sodass dessen Schuld jedenfalls schwerer wiege.

Recht und Gesetz − und das KG Berlin

11 Apr

Der Richter ist an Recht und Gesetz gebunden. Das heißt, er hat auch Recht zu beachten, das nicht im Gesetz steht. Zum Beispiel Gewohnheitsrecht. Das heißt aber auch, dass er nicht nur dem Gesetz, sondern auch und insbesondere der Gerechtigkeit verpflichtet ist. Das hat das Berliner Kammergericht in einem Urteil, von dem Heribert Prantl in der heutigen Süddeutschen Zeitung berichtet, offensichtlich vergessen:

Die Angeklagte war aufgrund eines Brandgutachtens des Landeskriminalamts wegen Mordes, Brandstiftung und Versicherungsbetrugs verurteilt worden − zu lebenslanger Haft nebst anschließender Sicherungsverwahrung. Nach über zwei Jahren stellte sich nun glücklicherweise heraus, dass sie die Tat doch nicht begangen hatte, und es sich vielmehr um einen tragischen Unfall gehandelt hatte − Dank eines Gutachters, den sie aus eigener Tasche bezahlte. Anstatt ihr diese Auslagen zu erstatten, kürzte das Gericht die Erstattung mit der Begründung, der Gutachter habe zu hohe Stundensätze und Fahrtkosten berechnet. Sie hätte sich also einfacher einen günstigeren suchen sollen − um das schlampige Gutachten des LKA zu widerlegen. Zugegeben: ich kenne mich mit der Materie nicht aus, aber ich maße mir an, zu behaupten, dass diese Entscheidung, selbst wenn sie mit dem Gesetz übereinstimmt, kein „Recht“ sein kann.

Kinder und Strafrecht

10 Apr

Vergangene Woche haben Professor Georg Steinberg, Sebastian Kießling und ich im Rahmen der Kölner Kinder Uni die Veranstaltung „Der große Bankraub, oder: Was ist Strafrecht?“ für Kinder zwischen 10 und 12 Jahren gehalten. Wir waren vorher selbst ziemlich gespannt und so war das ganze nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für uns ein Experiment. Auf die diskutierten Strafzwecke kamen sie ebenso wie darauf, warum die Unschuldsvermutung ein wichtiger Eckpunkt des Strafverfahrens ist. Überraschend viel Raum nahm die Frage der Zulässigkeit des Selbstmords ein, die die Teilnehmer selbst aufgeworfen hatten und kontrovers diskutierten. Nach einer kurzen Pause − 40 Minuten waren die Schallgrenze − ging es mit der Bearbeitung eines Falls in Gruppen weiter, und auch hier beeindruckten manche Teilnehmer: fast lehrbuchhaft wurde begründet, warum der Räuber, der mit einer Waffe nur droht, sie trotzdem i.S.v. § 250 StGB verwendet. Nach 90 Minuten waren wir beeindruckt, wieviel Argumentationsvermögen einige mitbrachten.

Hakenkreuz = Nazi?

3 Apr

Der Kölner Stadtanzeiger (KStA) berichtet von einem Abendschüler, der in der Schule Hakenkreuze zur Schau trägt. An sich ein klarer Fall des § 86a StGB, des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen – wäre da nicht die Tatsache, dass der Betreffende Hinduist ist und das Hakenkreuz in dieser Religion als Glückssymbol gilt. Der Schuldirektorin ist das egal: „Für mich ist das eindeutig. Das Hakenkreuz ist ein verfassungsfeindliches Symbol. Das Tragen ist strafbar.“ So zitiert der KStA die Schulleiterin, über deren juristische Qualifikation nichts Näheres bekannt ist. Den Hinweis, dass das was man als eindeutig bezeichnet, häufig doch nicht so eindeutig ist, spare ich mir mal.

§ 86a schützt als abstraktes Gefährdungsdelikt den demokratischen Rechtsstaat und den politischen Frieden. Wenn eine Handlung aber von vornherein überhaupt nicht dazu geeignet ist, diese Rechtsgüter zu beeinträchtigen, dann kann sie meines Erachtens auch nicht dem Tatbestand unterfallen. Bedenkt man das Argument der Schulleiterin, dass das Tragen der Hakenkreuze den Schulfrieden beeinträchtige, könnte dies dem Schüler aber wohl tatsächlich untersagt werden, ist das Bundesverfassungsgericht doch bedauerlicherweise der Auffassung, dass das verfassungsrechtliche geschützte Gut des „Schulfriedens“ (wo steht das eigentlich?) die Religionsausübungsfreiheit einschränken kann…

Edit: Jetzt auch bei lto.de.

Tipps zur Examensvorbereitung (Veranstaltungshinweis)

3 Apr
Ein Hinweis auf eine Veranstaltung des CENTRAL, die ich wirklich empfehlen kann, da der Referent in diesem Gebiet mehr als kompetent ist!
16. April 2012
18:00 Uhr bis 19:30 Uhr
Institut für Bankrecht, Hauptgebäude
Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln

Referent:
RA Dr. Armin Winnen

Beschreibung:
Eine der wesentlichen Hürden des Studiums der Rechtswissenschaften ist die Examensvorbereitung. Neben einer angemessenen Planung der Vorbereitung steht vor allem das Lernen im Vordergrund. Die Veranstaltung soll aus praktischer Erfahrung Anregungen und Tipps zur Vorbereitung geben.

Um Anmeldung wird gebeten.

Kontakt:

CENTRAL – Center for Transnational Law
Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln
Tel: 0221 – 470 3773
Fax: 0221 – 470 511
Email: b.kruschinski(at)uni-koeln.de

http://www.central.uni-koeln.de/dev_monday/frontend/42/veranstaltungen/0/veranstaltungen

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