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Schatzfund: Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug?

4 Apr

Amüsant auf den ersten Blick regelt § 984 BGB den sog. Schatzfund wie folgt:

Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und infolge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigentum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigentümer der Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.

Der deutsche Gesetzgeber hat ihn, wie der französische Nachbar (Art. 716 C. civ.) aus dem römischen Recht übernommen (Hadrianische Teilung). §984 wird von landesrechtlichen Regelungen zu den Regalien (Art. 73 i.V. mit Art. 1 II EGBGB) verdrängt (außer in NW, Bayern und Hessen) und gilt verständlicher Weise nicht für wissenschaftlich oder historisch bedeutende Artefakte. Der Strafrechtler wird sich aber nun fragen, wie der Entdecker sich strafbar machen würde, wenn er den Schatz (legaldefiniert!) für sich alleine behält oder gar ohne Wissen des Miteigentümers veräußert.

In Frage käme Diebstahl (§ 242 StGB). Damit die Sache fremd ist, müsste der Schatz auf fremden Grund und Boden gefunden werden (bei Herrenlosigkeit scheidet § 242 StGB aus). Problematisch ist hier aber der Bruch fremden Gewahrsams. Die gängige Definition lautet:

Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Fremder Gewahrsam ist ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis, von einem Herrschaftswillen getragen, unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung.

Da der Schatz aber verschollen war, muss man typischerweise von seiner Gewahrsamslosigkeit ausgehen. § 242 StGB ist damit nicht einschlägig. Anders ist aber bei der Unterschlagung (§ 246 StGB), bei der ein Gewahrsamsbruch nicht vorliegen muss. Es reicht die rechtswidrige Zueignung der fremden Sache. Nach h.M. reicht die Mitnahme des Schatzes oder die unterlassene Fundanzeige nicht aus, um einen Zueignungswillen beim Täter zu vermuten. Vielmehr erwartet man eine Verwendung, Veräußerung oder zumindest ein Verkaufsangebot der Sache.

Zurecht wird wegen diese unbefriedigende Lösung kritisiert (Koch, NJW 2006, 557, 560). Wie machen es aber andere Rechtsordnungen?

In Frankreich wird aufgrund einer anderen Konzeption des Diebstahl, letzterer stets beim Grabräuber angenommen (st. Rspr. der Cour de Cassation seit 1827). Spannender war 1991 für den Kassationshof die Frage ob der Arbeitgeber eines Handwerkers, der Schätze bei einer Hausrenovierung entwendet, als Nebenkläger auftreten kann (Nein, da nur der tatsächliche „Entdecker“ durch die Vorschrift gemeint ist).

Was wäre aber die einfachste Lösung? Richtig, ein eigener Tatbestand. So hat es sich auch der argentinische Gesetzgeber gedacht, der den Schatzraub als qualifizierten Betrug ansieht und mit Geldstrafe von bis zu 15.000 arg. $ ahndet (Art. 175 1º c. pen.).

Zur Rechtslage in Deutschland: Koch: Schatzsuche, Archäologie und Strafrecht – Strafrechtliche Aspekte so genannter „Raubgräberei”, NJW 2006, 557.

Aprilscherz = Kündigungsgrund?

1 Apr

Nein, aber je übertriebener der Scherz desto besser. So zumindest der österreichische Oberste Gerichtshof, der sich mit dieser Frage 1976 beschäftige (VersR 1981, 743). Der Mitarbeiter einer Versicherungsfirma schickte zwei Telegramme an die österreichische Vertretung der Firma mit folgendem Inhalt:

„… versicherte Yacht (…) beschädigt durch treibenden Baumstumpf, manövrierunfähig herumtreibend, dadurch verursachend Kollisionen von mehreren kleineren Booten: Diese Anballung von Booten trieb in den Hafendamm der Reichsbrücke und verursachte Brüche und teilweise Aufstauung der bereits durch Schneeschmelze hochwasserführenden Donau. Zwei zur Rettung im Einsatz befindliche Hubschrauber stießen in der Verwirrung zusammen. Brennende Ölstäbe auf steigendem Hochwasser, das tiefgelegene Gebiet rasch überflutet und Schäden an Liegenschaften, Vieh, Flughafen X. und Anbaufläche im allgemeinen verursacht; Ölraffinerie S. gefährdet, Straßen-, Schienen und Flußtransport durch Überflutung und Feuer zum Erliegen gebracht. Allgemeine Rauchwolken und Energieausfall haben Flughafen außer Betrieb gesetzt – laut letzten polizeilichen Weisungen muß Agentur vor 12 Uhr mittag Ihre Zeit evakuiert werden. Erbitte klare Instruktionen dringend per Fernschreiben, bevor sämtliche Verbindungen unterbrochen sind.“

„Ansteigendes Hochwasser haben die Trümmer über die Brücke geschwemmt und dadurch die Stauwirkung beseitigt. W. normalisiert sich raschest. Hauptsorge, daß Kommunisten, welche die brennende Plastikmasse im Durchmesser von 60 Fuß gesichtet haben, rasen in Richtung Schwarzmeer-Raffinerien auf Überflutungsboje mit 15 Fuß Durchmesser, und Auslösung von Großalarm wäre zu befürchten. Kosten schließen eingehendere Beschreibung aus, jedoch löst sich die Situation glücklicherweise von selbst. Wir erwarten von Ihnen nur mögliche Bestätigung. Dies ist ein Vormittag, den wir niemals vergessen werden…“

Zwei Wochen später wurde dem Angestellten wg. Vertrauensunwürdigkeit gekündigt. Der OGH beurteilte das Vorgehen als rechtswidrig und stellte fest, dass man als AG von einem Aprilscherz ausgehen konnte, da die „Telegramme, doch sehr starke und auch für Menschen, die mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertraut sind, auffällige Übertreibungen“ beinhalteten.

Anders sieht es aber aus, wenn man eine abermalige Abmahnung, als abermaligen „Aprilscherz“ bezeichnet. Hier kann der AG, laut LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 14.11.2006, 1 Sa 1/06), davon ausgehen, dass der AN seine Anweisungen nicht ausführen wird und eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist.

Perlen aus der Vorlesung

26 Mär

Aus der Vorlesung von Frau Prof. Dauner-Lieb:

Professor in der Vorlesungspause zu einem Studierenden: „Ich bin ein wenig gekränkt, dass Sie in meiner Vorlesung schlafen und auch noch schnarchen.“

Antwort des Studierenden: „Bitte nehmen Sie das doch nicht persönlich, das mache ich in den anderen Vorlesungen auch.“

Bodennebel in der Anfängerklausur: „Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises könnte sich aus Anfechtung gemäß § 123 ergeben, dies setzt einen wirksamen Kaufvertrag voraus.“

Sächsischer Dialekt, verobjektivierter Empfängerhorizont und die Eurokrise – AG Stuttgart – Bad Cannstatt 12 C 3263/11 –

16 Sept

Wie tückisch es sein kann, wenn man unverfälschten Dialekt spricht, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Stuttgart – Bad Cannstatt dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Eine Sächsin wollte in einem Reisebüro in Stuttgart – Bad Cannstatt telefonisch eine Reise nach Porto buchen. Da sie dies in unverfälschtem Sächsisch tat und Porto mit „Bordoo“ aussprach, gab die Reisebüromitarbeiterin eine Reise nach Bordeaux in ihren Computer ein. Auf ihre zweimalige Nachfrage hin, ob die reiselustige Sächsin wirklich nach Bordeaux wolle und diese das bestätigte, buchte die Reisebüromitarbeiterin endgültig eine Reise nach Bordeaux. Als das Reisebüro der Dame dann die schriftliche Reisebestätigung über eine Reise nach Bordeaux statt nach Porto übersandte, wollte diese jedoch nicht zahlen. Das AG Stuttgart-Bad Cannstatt entschied, dass doch ein Reisevertrag zustandegekommen sei und daher Zahlungsanspruch aus §§ 675, 670 BGB bestehe. Es begründete dies entsprechend dem verobjektivierten Empfängerhorizont wie folgt: „Versteht der Empfänger eine undeutlich gesprochene Erklärung falsch, so geht dies grundsätzlich zu Lasten des Erklärenden, der das Risiko dafür trägt, dass der Empfänger seine Worte auch erfassen kann.“

Böse Zungen behaupten nunmehr, dass viele Sachsen zu ihrer Verwunderung in der jemenitischen Hauptstadt Aden landen und nicht, wie eigentlich gewollt, in der griechischen Hauptstadt Athen und dadurch die Eurokrise ausgelöst haben. Daher mein Aufruf: Liebe Sachsen, lernt endlich Hochdeutsch, denn nur so können wir den Euro retten!!! 😉 Weiterlesen

Außerordentliche Kündigung bei Schwarzarbeit im Dienst?

12 Apr

In zwei aktuellen Verfahren (3 Ca 3495/11 und 3 Ca 3566/11) hatte sich das Arbeitsgericht Mönchengladbach mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die Durchführung von Schwarzarbeit während der eigentlichen Dienstzeit eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen kann.

Zwei Arbeiter der Grünpflegekolonne – einer von Ihnen war Vorarbeiter – hatten gegen Zahlung von 300 Euro versprochen, privat vier Bäume zu beseitigen, was jedoch nur teilweise erfolgte. Daraufhin beschwerte sich die Grundstückseigentümerin bei der Stadt, die so von der Vereinbarung der Schwarzarbeit erfuhr und den beiden Arbeitnehmern gemäß § 626 Abs. 1 BGB fristlos kündigte. Die Kläger des Kündigungsschutzverfahrens gemäß § 4 S. 1 KSchG beriefen sich darauf, dass sie jedenfalls kein Entgelt gefordert hätten und das Geld einer Sparkasse der Grünpflegekolonne zugeführt wurde.

1. Kündigungsschutzklage des Vorarbeiters

Die Kündigungsschutzklage hatte Erfolg, da die Stadt versäumte, die fristlose Kündigung innerhalb der Ausschlussfrist des § 626 Abs. II BGB zu erklären. Anknüpfungspunkt des Fristbeginns ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den kündigungsrelevanten Umständen Kenntnis erlangt hat. Zwar können im Einzelfall weitere Aufklärungsmaßnahmen des Arbeitgebers dazu führen, dass der Zeitpunkt nicht unmittelbar an die erstmalige Kenntniserlangung anknüpft (so etwa bei Verdacht einer Straftat und internen Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts, um den Verdacht zu entkräften oder ein solides Fundament für eine Kündigung zu erhalten). Im vorliegenden Fall lag jedoch keine entsprechende Sachlage vor, sodass das Arbeitsgericht von einem Fristversäumnis ausgehen konnte. Insbesondere bestritten die Kläger nicht, dass es zu einer entsprechenden vereinbarung gekommen war.

2. Kündigungschutzklage des anderen Arbeitnehmers

Auch die Kündigungsschutzklage des anderen Arbeitnehmers hatte Erfolg. In diesem Fall wurde zwar die Ausschlussfrist des § 626 Abs. II BGB gewahrt. Die fristlose Kündigung ist jedoch nur dann rechtmäßig, wenn der Kündigungsgrund gemäß § 626 Abs. 1 BGB 1. an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen und 2. auch im Einzelfall eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Fall ergibt, dass der außerordentlichen Kündigung keine Einwände entgegen stehen. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach vertrat hierzu den Standpunkt, dass zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sei, dass dieser bereits viele Jahre in dem Betrieb tätig war und er letztlich auf Anweisung des Vorarbeiters tätig geworden sei, sodass dessen Schuld jedenfalls schwerer wiege.

BGH stärkt Rechte von Schnäppchenjägern

28 Mär

Im Januar hatte ich hier etwas zu einem Verfahren beim BGH geschrieben, bei dem es um den ebay-Kauf eines Handys 24.000€ ging. Der Kläger hatte die Auktion für nur 782€ gewonnen und vom Verkäufer Schadensersatz verlangt, weil sich herausstellte, dass es sich um ein Plagiat handelte. Das LG hatte dem nicht stattgegeben und als Begründung hierfür angeführt, dass das Geschäft wegen des Missverhältnisses zwischen dem vermeintlich objektiven Wert und dem Kaufpreis nichtig sei. Zudem habe sich der Käufer aus dem selben Grund nicht darauf verlassen dürfen, dass es sich um ein Original-Handy handele. Dem hat der BGH nun erfreulicherweise eine Absage erteilt.

Auszug aus der entsprechenden Pressemitteilung des BGH:

„Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Rechtsgeschäfte, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, wenn weitere Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung hinzutreten. (…) Von einem solchen Beweisanzeichen kann bei einer Onlineauktion jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn die Situation einer Internetversteigerung unterscheidet sich grundlegend von den bisher entschiedenen Fällen, in denen sich in den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Vertragsparteien gegenüberstanden.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass es sich bei dem angebotenen Mobiltelefon um ein Originalexemplar der Marke Vertu handelt, nicht verneint werden. Das Berufungsgericht meint, gegen die Annahme einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung (…) spreche „vor allem“ der von der Beklagten gewählte Startpreis der Auktion von 1 €. Diese Begründung trägt nicht. Das Berufungsgericht verkennt, dass dem Startpreis angesichts der Besonderheiten einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen ist. Denn der bei Internetauktionen erzielbare Preis ist von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet wird, so dass auch Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entsprechende Beträge für den Artikel zu zahlen.“

Augen auf beim Luxus-Handy-ebay-Kauf

10 Jan

Am 18. Januar wird der BGH folgenden Fall verhandeln: Der Kläger hatte vom Beklagten bei ebay ein Handy „Vertu Weiss Gold“ – Originalpreis: 24.000 € (!) – zum Preis von 782 € ersteigert – als Maximal-Gebot hatte er 1.999 € eingegeben. Als das Handy geliefert wurde, verweigerte er die Annahme, weil es sich um ein Plagiat handelte und fordert nun 23.218 € Schadensersatz vom Verkäufer. Der Kläger hatte mit seiner Berufung vor dem OLG Saarbrücken keinen Erfolg; das OLG führte laut BGH-Pressemitteilung zur Begründung aus:

„Nach dem Vorbringen des Klägers sei der geschlossene Vertrag bereits gemäß § 138 Abs. 1 BGB als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig, da der Wert des Handys das Maximalgebot des Klägers um ein Vielfaches (hier das Zwölffache) übersteige und dieses besonders grobe Missverhältnis den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers als Begünstigten zulasse.

Unabhängig davon hätten die Parteien bei Vertragsschluss auch keine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend getroffen, dass Kaufgegenstand ein Originalhandy der Marke Vertu sei. Die Angaben der Beklagten in dem Angebot rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte habe die Beschaffenheit des Handys als Original des Herstellers Vertu beschrieben und der Kläger habe dies auch so verstanden. Gegen eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung spreche vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalhandy – nach der Behauptung des Klägers – einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Beschaffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein solches Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erheblich übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die Kaufsache nicht ausdrücklich als Original bezeichne.

Aber selbst bei Annahme eines Sachmangels scheide ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus, weil dieser den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe. Es sei erfahrungswidrig, dass ein Handy mit einem – wie vom Kläger behaupteten – derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem solchen Angebot habe für den Kläger der Verdacht naheliegen müssen, dass es sich bei dem angebotenen Handy nicht um ein Original handele.“

Bei ebay-Fällen drängt sich mir immer der Verdacht auf, dass die entscheidenden Richter ebay nicht recht verstehen. Denn ein Startpreis von 1 € bedeutet natürlich nicht, dass der Verkäufer auch von einem entsprechend niedrigen Verkaufspreis ausgeht, sondern kann vielmehr schlicht dazu genutzt werden, die ebay-Provision möglichst gering zu halten oder die Aufmerksamkeit auf das Angebot zu lenken. Deshalb erscheint mir der Schluss von einem niedrigen Startgebot auf das Vorliegen eines Plagiats, dass der Käufer in solchen Fällen also davon ausgehen muss, es handele sich um ein Plagiat, wenig überzeugend.

Aus den Besonderheiten des ebay-Verkaufs ergibt sich meines Erachtens auch, dass kein wucherähnliches Geschäft vorliegt, selbst wenn ein krasses Missverhältnis zwischen „objektivem“ Wert und dem Verkaufspreis besteht. Denn schließlich ist es gerade das Prinzip von ebay die Sache zum „Marktpreis“, also zum maximal erzielbaren Preis zu verkaufen. Der Verkäufer begibt sich dabei freiwillig (!) in die Gefahr eines erheblich hinter seinen Vorstellungen zurückbleibenden Kaufpreises. Auf der anderen Seite hat er aber auch die Möglichkeit, einen über seinen Erwartungen liegenden Erlös zu erzielen. Stellt man sich die Situation andersherum vor, wird dies deutlich: Der Bieter, der bereit ist, für eine Ware ein Vielfaches ihres „eigentlichen“ Werts zu bezahlen – man denke nur an den Papst-Golf –, wird sich, wenn er erfolgreich ist, kaum darauf berufen können, dass die Sache nur einen Bruchteil des Preises wert war. Dann ist es aber auch nicht einsichtig, warum der Verkäufer hier besser gestellt werden sollte.

Mal sehen, was der BGH draus macht…

Was machen wenn das Weihnachtsgeschenk nicht gefällt?

26 Dez

Nicht alle sind über ihre Geschenke glücklich. Die BILD ruft wie schon in den Vorjahren dazu auf, die „schlimmsten Gaga-Geschenke“ zu melden. Wie wird man aber das unmögliche Geschenk der Schwiegermutter oder des Schwiegersohnes los?

Ein weitverbreitete Ansicht ist, dass man das Weihnachtsgeschenk ohne Probleme beim Verkäufer wieder zurückgeben kann. Jedoch sieht das deutsche Gewährleistungsrecht (aber auch das der meisten anderen europäischen Länder) dies nur im Falle eines Mangels vor (§ 437 Nr. 2 BGB) und dies auch nur, wenn eine Nacherfüllung nicht möglich ist (§§ 437 Nr.1, 439 BGB). Daneben könnte noch die Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung (§123 Abs. 1 BGB) in Frage kommen. Ansonsten gilt: wenn der Verkäufer eine mangelfreie Ware zurücknimmt, dann geschieht dies nur aufgrund von Kulanz.

Auch bei einem Fernabsatzgeschäft ist der 14-tägige Widerruf (§§ 312d Abs. 1, 355 BGB) und die Rücksendung der Sache nicht immer möglich. Dort spielen vor allem die Ausnahmen des § 312d Abs. 3 (vor allem Nr. 1: Einzelanfertigung und Nr. 3: entsiegelte Datenträger) eine Rolle. Auch zu beachten ist dabei ein potentieller Wertersatz nach § 346 Abs. 2 und vor allem § 357 Abs. 3 BGB, „soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht“. Schließlich ist zu beachten, dass die Rücksendungskosten der Verbraucher trägt, wenn der Sachwert 40 € nicht übersteigt oder der Käufer noch nicht den Kaufpreis entrichtet hat.

Also lohnt es sich tatsächlich, das eine oder andere Geschenk bei Ebay&Co. zu verkaufen (Beispiele zu nicht passenden oder gewollten Geschenken hier) oder weiter zu verschenken.

Geht die Heizung während der Weihnachtsfeiertage?

25 Dez

Wenn die Heizung Probleme macht, könnte eine Mietminderung gerechtfertigt sein. Dem AG Frankfurt (Urt. v. 28.10.2011, Az. 33 C 588/11-76) nach stellt eine ausgefalle Heizung eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Wohnung zu dem vertraglich vereinbarten Zweck dar. Die Tatsache, dass die Heizung während der Weihnachtsfeiertage ausfällt, begründe eine Minderung von 25 % der Monatsmiete. Dafür müssen aber die Voraussetzungen der Mietminderung (§ 536 Abs. 1 S. 2 BGB) vorliegen:

1. Mietvertrag (§ 535 BGB)

2. Mietmangel od. Fehlen zugesicherter Eigenschaften (§ 536 Abs. 1+2 BGB): Hier Heizungsausfall = Sachmangel nach § 536 Abs. 1 S. 1, 2. Var. BGB)

3. Kein Ausschluss des Minderungsrechts

a) vertraglicher Haftungsausschluss (beachte § 538d BGB)
b) Mieter hat Mangel zu vertreten (a contrario § 538 BGB)
c) Keine Kenntnis, fahrl. Unkenntnis des Mieters (§ 536b BGB)
d) Unterlassene Anzeige des Mangels nach (536c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB)

Rechtsfolge:

§ 536 BGB spricht dem Mieter kein Gestaltungsrecht zu, vielmehr tritt die Mietminderung kraft Gesetzes ein. Wenn der Mieter die Miete schon gezahlt hat (was der Regelfall ist), kann er den zu viel gezahlten Betrag gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1.Alt. BGB zurückverlangen.

Daneben ist natürlich ein Schadenersatzanspruch gem. § 536a BGB möglich, z.B. wegen Mangelfolgeschäden (Wertvolle Pflanze stirbt). Zu beachten ist, dass § 536a BGB ab Überlassung der Sache eine Sonderregelung zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht nach §§ 280 ff. BGB darstellt.

Zivilrecht Basics: Teil II – Gefälligkeitsverhältnisse

28 Nov

Jeder hat sich vermutlich schon einmal gefragt, ob er möglicherweise voreilig einem Freund oder auch flüchtigen Bekannten einen „Gefallen“ versprochen hat, ohne sich vorher über etwaige rechtliche Konsequenzen Gedanken gemacht zu haben. Der folgende Beitrag soll daher die wesentlichen Grundgedanken kurz erläutern.

I. Definition

Unter einer Gefälligkeit versteht man grundsätzlich jede fremdnützige Tätigkeit – beispielsweise das Leihen oder Aufbewahren einer Sache oder die Erbringung einer Tätigkeit -, die unabhängig von einer Gegenleistung erfolgt. Unterschieden werden muss zwischen Gefälligkeitsverträgen, Gefälligkeitsverhältnissen im rechtsgeschäftlichen Bereich und Gefälligkeiten des alltäglichen Lebens.

II. Gefälligkeitsverträge

Das Gesetz selbst sieht einige Gefälligkeitsverträge vor. In §§ 516 ff BGB ist beispielsweise die Schenkung zu verorten, bei der eine unentgeltliche Zuwendung erfolgt. Auch die Verwahrung gemäß §§ 688 ff BGB, die Leihe gemäß §§ 598 ff BGB und der Auftrag gemäß § 662 BGB stellen typische Gefälligkeitsverträge dar. Viele (aber nicht alle) dieser Gefälligkeitsverträge haben gemein, dass dem Tätigen eine Haftungsprivilegierung zukommt, nach der er nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, vgl §§ 521, 599, 690 BGB.

Das Vorliegen eines solchen Gefälligkeitsvertrags orientiert sich am Vorhandensein eines entsprechenden Rechtsbindungswillens, über den auch die Abgrenzung zu den anderen Gefälligkeitsverhältnissen erfolgt. Der Rechtsbindungswille ist aus Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizontes zu beurteilen, vgl. §§ 133, 157 BGB. Um einen Gefälligkeitsvertrag im Sinne der §§ 516 ff, 598 ff, 662, 688 ff BGB annehmen zu können, bedarf es eines eindeutigen hierauf gerichteten Bindungswillens, der zugleich entsprechende Primär- und Sekundärpflichten begründet.

III. Gefälligkeitsverhältnisse im rechtsgeschäftlichen Bereich

Anders als Gefälligkeitsverträge sind Gefälligkeitsverhältnisse im rechtgeschäftlichen Bereich nicht ausdrücklich gesetzlich normiert. Gleichwohl werden sie nach der h.M. aus § 311 II Nr.3 BGB hergeleitet. Im Gegensatz zu Gefälligkeitsverträgen muss hier nur ein abgeschwächter Rechtsbindungswille vorliegen, der nach vorzugswürdiger Ansicht allenfalls Sekundärpflichten begründen kann.

IV. Gefälligkeitsverhältnisse des alltäglichen Lebens

Schließlich und ebenfalls nicht gesetzlich normiert sind auch noch Gefälligkeitsverhältnisse des alltäglichen Lebens zu erwähnen. Diese Verhältnisse begründen aufgrund des nichtvorhandenen Rechtsbindungswillens weder Primär- noch Sekundärpflichten, sodass allenfalls eine Haftung aus unerlaubter Handlung gemäß §§ 823 ff BGB in Betracht kommt.

V. Abgrenzung

Wie bereits erörtert, ist das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens und dessen Beurteilung für die Abgrenzung der verschiedenen Gefälligkeitsarten von entscheidender Bedeutung. Hilfsweise haben sich in der Rechtsprechung einige Kriterien herausgebildet, die als Indizien herangezogen werden. Vor allem das wirtschaftliche Interesse des Begünstigten an der Gefälligkeit, der Wert einer etwaigen anvertrauten Sache aber auch die Dauer und Art der Gefälligkeit und die damit verbundenen Risiken beziehungsweise deren Erkennbarkeit.

VI. Anwendbarkeit der §§ 521, 599, 690 BGB analog auf die Haftung aus unerlaubter Handlung?

Immer wieder gerne auch Teil einer Klausur ist die Frage, ob die Haftungsprivilegierungen der §§ 521, 599, 690 ff BGB auf die Haftung aus unerlaubter Handlung gemäß §§ 823 ff BGB Anwendung finden kann.

Im Rahmen der Gefälligkeitsverträge geht die h.M. von einer Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierungen aus, da diese sonst unterlaufen werden würden.

Bei Gefälligkeitsverhältnissen im rechtsgeschäftlichen Bereich und Gefälligkeitsverhältnissen des alltäglichen Lebens ist dies hingegen umstritten. Nach vorzugswürdiger Ansicht ist eine analoge Anwendung jedoch abzulehnen. Zum einen verfügen nicht alle Gefälligkeitsverträge über eine Haftungsprivilegierung, sodass bei anderen Gefälligkeitsverhältnissen erst recht keine analoge Anwendung erfolgen kann. Zum anderen ist dem Deliktsrecht das Äquivalenzinteresse fremd. Die Haftungsprivilegierung stellt daher kein notwendiges Äquivalent zur Unentgeltlichkeit der Handlung dar, sodass im Ergebnis die Vorschriften der §§ 276 ff BGB Anwendung finden.

„Zivilrecht Basics“ stellt eine Betragsreihe dar, die regelmäßig einen Überblick zu grundlegenden Themen des Zivilrechts verschaffen soll.