Laut Spiegel-Online sollen nach der Vergewaltigung einer Soldatin in einer niedersächsischen Kaserne 500 Soldaten – das gesamte männliche Personal der Kaserne – zum freiwilligen Speicheltest zwecks Bestimmung des sogenannten „genetischen Fingerabdrucks“ antreten. Ihre rechtliche Grundlage findet eine solche Maßnahme in § 81h StPO. Sie bedarf der richterlichen Anordnung und ist nur mit schriftlicher Zustimmung des Betroffenen zulässig. Zwangsweise darf der Test nicht durchgeführt werden, denn schließlich besteht gegen keinen der zum Test aufgerufenen ein Verdacht.
Was aber tun, wenn ein Aufgerufener nicht zum Test erscheint? Die Antwort des BVerfG (NJW 1996, 1587, 1588) ist klar: Die Verweigerung der Probe darf „nicht als ein den Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer begründendes oder bestärkendes Indiz gewertet werden […]; das ergibt sich aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz, dass das Gebrauchmachen von einem gesetzlich eingeräumten Rechtsbehelf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf.“ Entsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/5674 S. 13 f.): „Aus der Ausgestaltung der Regelung als Befugnisnorm für eine Maßnahme auf der Basis freiwilliger Mitwirkung der Betroffenen folgt […], dass allein die Verweigerung der Teilnahme am Reihengentest für sich betrachtet keinen Anfangsverdacht begründen kann.“
Nimmt man dies ernst, wird § 81h StPO eigentlich überflüssig, denn das Ziel eines Reihengentests ist es ja gerade, möglichst viele Unschuldige zum DNA-Test zu bewegen, um dann durch das Ausschlussverfahren auf den Täter zu kommen. Darf man den Anfangsverdacht also nicht aus dem Fernbleiben vom DNA-Test folgern, stellt sich die Frage, wie man überhaupt an ihn kommen soll.
Laut der Gesetzesbegründung darf man deshalb hierfür auf „sonstige Umstände, zu denen auch die Prüfmerkmale nach Absatz 1 zählen,“ zurückgreifen. Dem fernbleiben kommt für einen so gefundenen Anfangsverdacht – entgegen der Vorgabe des BVerfG – eine „verdachtsverstärkende Wirkung“ zu.
Im Klartext: Aus der Tatsache, dass man nicht zum Gentest erscheint, darf kein Verdacht geschlossen werden, wohl aber daraus, dass man zu der Gruppe, die für den Test ausgewählt wurde. Dieser Verdacht wird dann dadurch verstärkt, dass man nicht zum Test erschienen ist. Von der Freiwilligkeit bleibt damit nichts mehr übrig.
Es soll ja auch schon vorgekommen sein, dass der Täter aufgrund des aufgebauten Drucks an dem Test teilgenommen hat.
Da beisst sich wohl die Katz in den Schwanz. Entweder man tut es oder man tut es nicht. Viel wichtiger wäre es jedoch, sicherzustellen, dass die Massnahmen tatsächlich zu dem Zweck genacht werden und später nicht für andere Zwecke missbraucht werden.
Rasterfahndung kann sehr effizient sein, aber auch missbraucht werden. Daher sollten die Rahmenbedingung zuverlässig sein und nicht durch unsinnige „Rechtsauffassungen“ verwässert werden. So wie es z.B. mit den Vaterschaftsnachweisen auch schon gemacht wurde (zum Schutz der Mutter, anstatt des Kindes?), indem der Vater diesen nicht einklagen darf und deshalb ev. zu Unrecht zahlt.
Ein schönes Beispiel dafür, warum Rechtsverdreher so genannt werden.
Auf was für Papier wurde denn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gedruckt?
„Von der Freiwilligkeit bleibt damit nichts mehr übrig.“
Das ist doch wohl zur Realität geworden,selbst bei einer Gruppe von 20 Verweigerern,wie in Mönchengladbach geschehen ist, wird der Test durch den Richter verfügt.
Die einzig verbliebene Gegenmaßnahme der „Gezwungenen“ ist die Verweigerung einer Speichelprobe,dann muß nämlich der Amtsarzt kommen und eine Blutentnahme durchführen,die dann im Vergleich zum Speicheltest teuer ist,ca. 120€ hab ich gehört…
@drbruddler
Test für Vaterschaftsnachweisen kann man einklagen. Man darf ihn nur nicht selber machen.
Danke für den Hinweis, diese Änderung der Rechtslage habe ich als Nichtbetroffener verschlafen.