Archiv | November, 2011

Zum 11.11.11: Kurioser Kostümraub

11 Nov

Ein seltsamer Kostümraub beschäftigt das Bonner Landgericht: Zwei Räuber hatten es keinesfalls auf Handy oder Geldbörse abgesehen, sondern auf die Karnevalskostüme ihrer Opfer. Beute: Ein Modell „Eisbär“ im Wert von 40€ und ein Kuhkostüm für 80€.
Die ganze Story gibts hier, hier und hier.

Ankündigung – Vortrag von Prof. Dr. Cornelius Nestler: Das Strafverfahren gegen John Demjanjuk: Rückblick und Ausblick, 22.11.2011, 19.15h

11 Nov

Terminhinweis: Das Strafverfahren gegen John Demjanjuk: Rückblick und Ausblick – Ein Vortrag von Prof. Dr. C. Nestler; Dienstag 22. November 2011, 19:15 Uhr in Hörsaal II der Universität zu Köln

An dieser Stelle möchten wir auf einen Vortrag von Herrn Prof. Dr. Nestler zum Strafverfahren gegen John Demjanjuk, im Rahmen der jährlichen Herbstveranstaltung des Vereins zur Förderung des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln, hinweisen. Herr Prof. Dr. Nestler ist ein ausgewiesener Kenner dieses Strafverfahrens, da er als Nebenklägervertreter zwölf Nebenkläger aus den Niederlanden, den USA und Israel, deren direkte Angehörige im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden, in diesem Verfahren betreut und vor dem Landgericht München II vertreten hat. Im Mai 2011 wurde John Demjanjuk nach 18 Monaten Hauptverhandlung wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Juden im Vernichtungslager Sobibor zu 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Prof. Dr. Nestler schildert in einem Rückblick unter Verwendung von Bildsequenzen und Dokumenten und des nunmehr vorliegenden schriftlichen Urteils die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Verfahren gegen John Demjanjuk und erläutert, welche Ansätze für eine weitere Verfolgung von NS-­Verbrechen es noch gibt.

Bereits im Oktober 2009, kurz vor Beginn der Hauptverhandlung, hat Herr Prof. Dr. Nestler einen sehr interessanten Vortrag über die rechtlichen Probleme des Verfahrens gehalten. Über den ersten Vortrag von Herrn Prof. Dr. Nestler können Sie sich informieren durch einen Bericht, den unser Mitautor Michael Schieder für den Newsletter der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, Dritte Ausgabe April 2010 (S. 9-13), verfasst hat.

Alle Interessierte sind herzlich, auch zu dem anschließenden geselligen Beisammensein, eingeladen.

Fünf Gebote für die Klausurbearbeitung (Gastbeitrag Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb)

11 Nov

Barbara Dauner-Lieb

Die Hitliste meiner Klausurentipps als Lehrerin und Prüferin im Zivilrecht? Ich mache da kaum Unterschiede zwischen dem Erstsemesterabschlusstest, der Falllösung in der großen Übung und der Examensklausur:

1. Lesen Sie den Sachverhalt sorgfältig! Lesen Sie ihn noch einmal! Beachten Sie wirklich alle Besonderheiten des konkreten Falles. Von einem Juristen wird erwartet, dass er konkrete zwischenmenschliche Konflikte mit rechtlichen Mitteln wissenschaftlich tragfähig und praktisch überzeugend lösen kann. Über nichts ärgert sich der Prüfer mehr, als wenn der Sachverhalt missverstanden oder nicht ausreichend ausgeschöpft wird.

2. Die Kernkompetenz des Juristen liegt nicht darin, bekannte Fälle zu reproduzieren, sondern unbekannte Fälle überzeugend zu lösen. Kramen Sie daher nicht in Ihrem Gedächtnis, ziehen Sie nicht voreilig die Schlussfolgerung, dass ein bestimmtes Problem im Fall vorkommt. Arbeiten Sie sich ganz behutsam und demütig an die Fragestellungen des konkreten Falls heran. Sehr häufig liegen die Dinge anders, als sie bei erster Annäherung aussehen. Lösen Sie vor allem nicht Probleme, die der Fall gar nicht aufgeworfen hat.

3. Vermeiden Sie ein schematisches Abklappern von Aufbauschemata. Gehen Sie vom Gesetz aus. Verwenden Sie den genauen Gesetzeswortlaut. Beginnen Sie mit der Rechtsfolge einer Norm und zwar genau so wie sie im Gesetz formuliert ist. Arbeiten Sie sich dann allmählich zu den Problemen des konkreten Falles vor. Es ist wie in der Matheklausur im Abi, es zählt nicht das Ergebnis, sondern der Rechenweg. Die Rechtsfolge des § 142 BGB ist eben die Nichtigkeit und nichts anderes!

4. Breiten Sie nicht breit aus, was offensichtlich unproblematisch ist. Haken Sie nicht ausführlich eine Fülle von Punkten ab, die in dem Fall keine Rolle spielen. Der Handlungswille spielt in Klausuren so gut wie nie eine Rolle, das Erklärungsbewusstsein nur selten und dann bildet es auch einen Schwerpunkt des Falles. Sparen Sie Ihre Energie für die wirklichen Probleme des Falles! Überschätzen Sie nicht die Bedeutung von Meinungsstreitigkeiten!

5. Vertiefen Sie die wirklichen Probleme des Falles. Vermeiden Sie ein Verharren in formaler oder begrifflicher Argumentation. Fragen Sie nach teleologischen Gesichtspunkten! Versuchen Sie Argumente pro und kontra. Versuchen Sie – so schließt sich der Kreis – wieder auch ganz pragmatisch die Besonderheiten des Falles in die Argumentation einzubringen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihre
 
Barbara Dauner-Lieb
 

Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb ist Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht und Europäische Privatrechtsentwicklung (Universität zu Köln) und Richterin am Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen.

Wenn der Richter lacht, lachen alle mit − oder auch nicht

11 Nov

Über „Recht spaßige Richter und richtende Dichter“ weiß Constantin Baron van Lijnden auf Legal Tribune Online zu berichten und zitiert einige Urteile, deren Autoren sich sehr lustig vorkommen. Da geht es

– um Pferde, die „auch am 31. 1. 1984 pünktlich um 12.00 Uhr (‚High Noon‘) vor der Postschänke zur Attacke angeritten [seien], um das dort befindliche Auto der Kl. einzutreten“ und die „‚trotz ihrer äußerlich robusten Statur innerlich nicht einer gewissen Sanftmut im Verkehr entbehren‘, da sie ‚mit dem Auto der Klägerin einigermaßen zartfüßig umgegangen‘ seien und ‚[d]as Ergebnis ihrer Beinarbeit […] jedenfalls nach den Erfahrungen des Gerichts relativ preisgünstig ausgefallen‘ sei“,

– Richter, die Urteile in Versform verfassen („Die Klage – wie die Kammer findet –/ ist vollumfänglich unbegründet./ Auch wenn’s der Klägerin missfällt:/ Es gibt für sie kein Schmerzensgeld.“) und

– die wohl zu einiger Bekanntheit gekommene Entscheidung, des AG Mönchengladbach, das dem wegen eines Reisemangels (fehlendes Doppelbett) Klagenden mit auf den Weg gab, dass dem Gericht „mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der Ausführung des Beischlafs bekannt [seien], die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden können, und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller Beteiligten.“

Hach, was haben wir gelacht!

Vor lauter Lachen ist aber eine Frage auf der Strecke geblieben: Was denkt sich ein Gericht dabei, wenn es solche Urteile verfasst?

Es ist schlichtweg eine Unverschämtheit, dem klagenden Bürger auf diese Weise zu zeigen, was man von seinem Anliegen hält − nämlich nichts. Zudem ist es eines Gerichts unwürdig. Der Richter hat sich neutral mit einer Sache zu befassen und sie einer Lösung zuzuführen und dabei weder die eine noch die andere Seite zu bevorzugen.Damit verbunden ist auch, das Anliegen ernst zu nehmen und den Parteien dies auch zu verstehen zu geben. Für dumme aber auch kluge Witze ist hier meines Erachtens kein Raum.

Mag sein, dass die Entscheidungen in der Sache richtig sind. Aber sich als Vertreter des Staates über Bürger lustig zu machen und sich somit über sie zu stellen, gehört sich nicht und wirft keines gutes Licht auf die urteilenden Richter.

Vielleicht verstehe ich aber auch einfach keinen Spaß…

Update: Carsten Krumm berichtet im beck-blog aus aktuellem Anlass über eine – schon etwas ältere – Familiensache einer alleinerziehenden Mutter mit einem behinderten Kind, in der auf den 11.11., 11.11 Uhr terminiert wurde. Lustig! – fand zumindest der Richter…

Was ist eigentlich Bettwäsche?

10 Nov

Rechtsanwalt Sebastian Dosch berichtet in seinem Blog „kLAWtext“ von einer rechtlichen Auseinandersetzung des Inhabers der Marke „Ohne dich ist alles doof“ gegen einen Konkurrenten, der Bettwäsche mit dem Spruch „Mit dir ist alles toll“ und sehr ähnlichem Aussehen vertreibt. Das dort zitierte Urteil enthält eine Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage, die − seien wir doch mal ehrlich − einigen von uns sicher schon lange unter den Nägel gebrannt hat.

Danach bildet „nach dem Sprachverständnis des Senates der von der Klägerin verwandte Begriff „Bettwäsche“ den Oberbegriff für alle Textilien (…), die beim Beziehen einer Bettstatt verwendet werden, also vor allem Kissenbezüge und Bettbezüge (für das Deckbett) sowie des Weiteren Laken(…).“

Achso!

Die Widerspruchslösung – Das unbekannte Wesen II

10 Nov

In diesem Beitrag, der an den vorherigen zur Widerspruchslösung anschließt, soll wie angekündigt eine neue Voraussetzung für einen zulässigen Widerspruch, der ein Beweisverwertungsverbot vor dem Tatsachengericht geltend macht vorgestellt werden. Seit langem ist es ständige Rechtsprechung des BGH, dass der Revisionsführer in einer Revision „die Angriffsrichtung seiner Rüge eindeutig bestimmen muss“, wenn nach den von ihm vorgetragenen Tatsachen mehr als ein Verfahrensmangel in Betracht kommt. Das heißt, kommen aus den in der Revisionsbegründung vorgetragenen Tatsachen mehrere Verfahrensfehler in Betracht, muss der Revisionsführer konkret denjenigen benennen und begründen, den er rügt. Diese aus § 344 Abs. 2 Satz StPO hergeleitete Zulässigkeitsvoraussetzung einer Verfahrensrüge hat der 1. Strafsenat des BGH nunmehr mit Beschluss vom 11. September 2007 auch auf die Widerspruchslösung übertragen (BGHSt 52, 38, 42).

Für einen Widerspruch gegen ein Beweisverwertungsverbot in der Hauptverhandlung bedeutet dies, dass konkret das Beweisverwertungsverbot benannt wird und es einer Begründung bedarf, die zumindest in groben Zügen darlegt, unter welchem Gesichtspunkt man den zu erhebenden Beweis für unverwertbar hält bzw. warum er einem Beweisverwertungsverbot unterliegt. Das heißt der Widerspruch muss so explizit die Angriffsrichtung bestimmen, dass der Prüfungsumfang des Tatgerichts begrenzt wird. Eine Nachholung der Begründung nach dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt kann nicht erfolgen. Für einen Referendar in der Ausbildung bei einem Strafverteidiger der eine Hauptverhandlung vorbereiten soll, bedeutet dies, dass er, sofern er mehrere Beweisverwertungsverbote findet, keinen pauschalen Widerspruch formulieren darf, sondern für jedes einzelne Beweisverwertungsverbot einen konkreten Widerspruch formulieren und begründen muss, um so sicher zu gehen, dass die Widersprüche auch zulässig erhoben werden.

Insoweit noch in Praxistipp. In der Regel weisen Gerichte einen Widerspruch per Beschluss zurück, der zum Hauptverhandlungsprotokoll (§§ 273, 274 StPO) genommen wird. Indes teilen manche Vorsitzende lediglich als prozessleitende Verfügung (§ 238 Abs. 1 StPO) mit, dass das in Rede stehende Beweismittel dennoch in die Hauptverhandlung eingeführt wird. In diesem Fall sollte der Verteidiger auf jeden Fall diese Verfügung gem. § 238 Abs. 2 Satz 2 StPO beanstanden und den für die Revision erforderlichen Gerichtsbeschluss herbeiführen, da ein solcher Beschluss in der richternahen Praxisliteratur zunehmend als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung gefordert wird (vgl. nur Moosbacher, NStZ 2011, 606 ff.). Muss eine Revision vorbereitet werden, und soll ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht werden, d. h. dass trotz des Widerspruchs die für unzulässig gehalten Beweisverwertung durchgeführt wurde, kann dies nur unter den strengen Voraussetzungen einer Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erfolgen. In diesem Fall sind in der Revisionsbegründungsschrift als verfahrenserhebliche Tatsachen jew. im konkreten Wortlaut der Widerspruch, der Beschluss sowie das Hauptverhandlungsprotokoll beizufügen, denn ansonsten ist die Verfahrensrüge bereits unzulässig.

Weiterführende Literatur: Kuhn, Die Widerspruchslösung, JA 2010, 891 ff.; Bauer, Die „Angriffsrichtung“ des Widerspruchs, StV 2011, 635 ff.; Jahn, Strafverfolgung um jeden Preis? – Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel, StraFo 2011, 117 ff.; Moosbacher, Zur aktuellen Debatte um die Rügepräklusion – Zugleich ein Beitrag zur Zukunft der Widerspruchslösung, NStZ 2011, 606 ff.

Der erste Beitrag zur Widerspruchslösung findet sich hier.

Das Bierbike – Partyspaß oder Sondernutzung?

10 Nov

Der Kölner Express titelt „Politik will Bierbikes verbieten“: Ein schöner Anlass sich einmal mit dem Phänomen des „rollenden Partyspaß“ auseinanderzusetzen, das sogar schon für eine kleine Anfrage im Landtag von BaWü gesorgt haben.

Die sog. Bierbikes sind Fahrzeuge mit vier Rädern für bis zu 16 Personen, die sich an einer Art Theke gegenübersitzen. Diese Personen treiben das Gefährt – meist unterlegt mit Musik aus einer Soundanlage – durch Muskelkraft an (Geschwindigkeit max. 6 km/h). Dabei kann Bier konsumiert werden. Das Steuern und Bremsen übernimmt ein Mitarbeiter des Vermieters, der selbst nüchtern bleibt.

Prozessgeschichte um die Bierbikes

Mit Ordnungsverfügung untersagte die Ordnungsbehörde einer Betreiberin sog. Bierbikes die Benutzung auf öffentlichen Straßen. Das VG Düsseldorf wies Klagen gegen Verbotsverfügungen ab. Unter anderem wurde die Begründung mit Hinweisen auf YouTube-Videos (vgl. nur hier) illustriert. Das OVG Münster hat die Berufung im Frühjahr zugelassen; das Urteil wird am 23.11. gesprochen.

Bierbikes als Sondernutzung?

Die Sondernutzung im Straßen- und Wegerecht wird in § 18 Abs. 1 StrWG NRW definiert als die Straßennutzung, die weder Gemeingebrauch noch Anliegergebrauch ist. (Gemeingebrauch oder Sondernutzung? Das bestimmt sich nach der straßenrechtlichen Widmung.) Das Fahren mit dem Bierbike hat Verkehrsbezug, schließlich führt es zu einer Ortsveränderung. Einer Ansicht nach reicht das aus um einen Gemeingebrauch anzunehmen. Diese Ortsveränderung habe für die Teilnehmer der Fahrt einen hinreichend hohen Stellenwert.
Wer ein Bierbike – beispielsweise auf dem Kölner Ring – einmal live und in Aktion gesehen hat, wird an dieser Einschätzung wohl seine Zweifel haben. Meist steht faktisch das Sich-selbst-zur-Schau-stellen und nicht so sehr das Zurücklegen einer Strecke im Vordergrund (auch wenn die Selbstdarstellung auf der Betreiberhomepage mittlerweile anders anmutet). Nun gut: Wenn man also grundsätzlich einen Gemeingebrauch durch die Bierbikes annimmt, darf dieses Verhalten nicht zu einer Beeinträchtigung anderer führen. Wer schon einmal im Berufsverkehr hinter einem solchen Gefährt schleichen musste, wird wohl meinen, dass schon das langsame Tempo für sich genommen eine Beeinträchtigung darstellt. Aber: Im Straßenverkehr gibt es grundsätzlich keine „Mindestgeschwindigkeit“. § 3 Abs. 2 StVO verbietet nur Kraftfahrzeugen ohne triftigen Grund derart langsam zu fahren, dass der Verkehrsfluss behindert wird. Langsames Fahren für sich genommen ist allerdings keinesfalls verboten – wenn es der Bauart des Fahrzeugs immanent ist. Also: Keine übermäßige Beeinträchtigung anderer durch langsames Fahren.

Verbotsverfügung auf Grundlage der Generalklausel § 14 Abs. 1 OBG NRW?

Dafür müsste das Fahren mit dem Bierbike im Straßenverkehr eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen.
Hier bietet sich Diskussionspotential. Hingewiesen sei an dieser Stelle lediglich auf eine mögliche Strafbarkeit der Teilnehmer gemäß § 316 StGB, schließlich wird während der Fahrt Bier konsumiert. Allerdings ist Fahrzeugführer des Bierbikes der nüchterne Mitarbeiter des Betreibers, schließlich lenkt dieser das Gefährt.

Fazit: Wenn man Fahrten mit dem Bierbike als Gemeingebrauch im Straßen- und Wegerecht ansieht, gibt es keine Möglichkeit, ein Verbot durchzusetzen. Denkbar wäre eine ständige Verwaltungspraxis der Ordnungsbehörde, allerdings wäre auch diese gerichtlich voll überprüfbar (Danke Oli :D).
In Köln haben sich als Zielgruppe der Bierbikes wohl Junggesellenabschiede aus dem Umland herausgestellt. Dabei scheint es einen Mallorca-Effekt zu geben: In der fernen Großstadt auf dem Ring „die Sau raus lassen“, es kennt einen schließlich niemand. Als Anwohnerin kann ich persönlich die vom VG Düsseldorf beschriebenen Störungen, welche von Passagieren eines solchen Bierbikes ausgehen nur bestätigen (Grölen, Anpöbeln von Passanten usw.). Dazu sei angemerkt, dass derartiges Verhalten wohl eher auf den Alkoholkonsum denn auf die Nutzung des Bierbikes zurückzuführen ist.

Zur Vertiefung und Vorbereitung auf die mündliche Prüfung sei die Lektüre des Beitrags „Das Bierbike – Nachwuchs bei den Sondernutzungsfällen?“ von Lund, DVBl 2011, 339 empfohlen. Der Autor ist der Ansicht, dass es keine Handhabe der Ordnungsbehörden gegen Bierbikes gibt (alle Argumente konnten an dieser Stelle nicht erwähnt werden). Hier abrufbar aus dem Uninetz.

Student Litigators: Studentische Rechtsberatung

9 Nov

Wir möchten Euch auf das Projekt Student Litigators aufmerksam machen. Hierbei geht es um Rechtsberatung durch Studenten, was für den einen oder anderen interessant sein könnte!

Studentische Rechtsberatung – Gutes tun – und davon profitieren

Unrecht und Ungerechtigkeit gehören zum Alltag. Überall, wo sich Menschen streiten, geht es auch um rechtliche Fragestellungen. Das reicht vom harmlosen Nachbarstreit anlässlich der nicht geschnittenen Hecke über die nicht bezahlte Rechnung, den Konflikt mit dem Vermieter bis hin zu Betrugsfällen, die uns zum Beispiel im Internet begegnen. Wer da seine Rechte kennt, der kann selbstbewusst auftreten – und seine Positionen verteidigen.

Seit 2008 gilt in Deutschland das Rechtsdienstleistungsgesetz, das die unentgeltliche Erbringung von Rechtsberatung liberalisiert hat. Seitdem hat sich auch eine neue Branche etabliert: die studentische Rechtsberatung. – Die erste selbständige studentische Rechtsberatungsgesellschaft in Deutschland wurde von Kölner Studierenden gegründet und heißt Student Litigators. Es geht darum, pro bono – d. h. unentgeltlich – Beratungsaufträge in lebensnahen juristischen Bereichen zu bearbeiten, etwa in der Konfliktlösung, der Vertragsgestaltung, im Verhandlungsmanagement und auch im Unternehmensrecht. Im Team von Student Litigators agieren Studentinnen und Studenten – jeweils unter anwaltlicher Anleitung. Dass Studierende noch nicht das Niveau eines Rechtsanwalts erreichen, versteht sich von selbst. Daher können auch nicht sämtliche Felder der Rechtsberatung abgedeckt werden. Aber auch schon fortgeschrittene Studierende können eine gute Erstberatung gewährleisten. Dabei stehen Qualität und Teamgeist im Vordergrund.

Student Litigators verfolgt sowohl soziale als auch pädagogische Ziele: Das Projekt möchte dazu beitragen, dass „Recht haben“ und „Recht bekommen“ im Alltag von Bürgerinnen und Bürgern näher zusammenrücken. Im gleichen Zuge sollen Studentinnen und Studenten von der Arbeit für und mit Student Litigators profitieren, dort ihr rechtliches Wissen praktisch vertiefen und am Aufbau einer Beratungsgesellschaft mitwirken.

Mehr über „Student Litigators“ erfahrt Ihr unter www.student-litigators.de sowie auf http://www.facebook.com/student.litigators

Ergebisse der Umfrage „Welchen Beruf strebt Ihr an?“

9 Nov

Die meisten von Euch wollen erstmal durch den Examensstress kommen! Zwischen Richter und Rechtsanwalt könnt Ihr Euch leider nicht entscheiden, eindeutig ist aber Eines: Professor/-in scheint nicht Euer Traumjob zu sein 🙂

Private Nutzung eines Diensthandys: Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB? – Anm. zu LAG Hessen, Urt. v. 25.07.2011 – 17 Sa 1739/10

9 Nov

Das hessische Landesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit die Nutzung eines Diensthandys zu privaten Zwecken eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. (LAG Hessen vom 25.07.2011 – 17 Sa 1739/10). Der folgende Beitrag befasst sich zunächst mit den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB und erläutert im Anschluss die aktuelle Entscheidung.

I. Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung iSd § 626 Abs. 1 BGB

Der Gesetzgeber hat in § 626 Abs. 1 BGB die Möglichkeit vorgesehen, das Arbeitsverhältnis auch ohne Rücksicht auf eine etwaige Kündigungsfrist einseitig zu beenden (§ 626 Abs. 2 BGB stellt eine Ausschlussfrist dar). Voraussetzung hiernach ist, dass Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes in zwei Schritten erfolgt. Zunächst ist zu hinterfragen, ob es sich um einen „an sich“ wichtigen Grund handelt, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Grundsätzlich kommen hierbei Störungen im Leistungs-, Vertrauens-, oder im Betriebsbereich in Betracht. Im Sinne des  Prognoseprinzips ist dabei zu erörtern, ob ein Grund vorliegt, der sich – vom Zeitpunkt des Kündigungszugangs aus betrachtet – künftig konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken wird.

In einem zweiten Schritt sind nun die Interessen des Arbeitgebers und die des Arbeitnehmers gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass die außerordentliche Kündigung grundsätzlich nur als ultima ratio zu erwägen ist und vorher unter Umständen eine Abmahnung das probate Mittel darstellt, sofern hierdurch eine dauerhafte Beseitigung des Kündigungsgrundes (ebenfalls prognostisch einzuschätzen) erzielt werden kann. Kriterien, die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, stellen beispielsweise die Dauer der Betriebszughörigkeit, das Alter, etwaige Unterhaltspflichten oder ein etwaiges Verschulden dar.

 II. Die private Nutzung eines Diensthandys

Im konkreten Fall stellte die Lufthansa-Tochter LSG Sky in einer Überprüfung des Nutzungszeitraums April 2008 bis Januar 2010 fest, dass circa 60 Angestellte in erheblicher Weise ihr Mobiltelefon zu privaten Zwecken nutzten. Obwohl das Unternehmen monatlich aufgrund der anfallenden Abrechnungen die Möglichkeit besaß, die Sachverhalte zu überprüfen, erfolgten keine Abmahnungen. Stattdessen reagierte LSG Sky unmittelbar mit fristlosen Kündigungen.

Im vorliegenden Fall gab das Landesarbeitsgericht Hessen der Berufung des Arbeitnehmers statt,  da dieser das Gericht davon überzeugen konnte, dass er unter anderem auch wegen der langjährigen Duldung durch den Arbeitgeber irrtümlich davon ausging, das Mobiltelefon zu privaten Zwecken nutzen zu dürfen. Das Gericht verweist zurecht darauf, dass der Arbeitgeber durchaus hätte zunächst eine Mahnung aussprechen können (ultima ratio – Prinzip der außerordentlichen Kündigung; s.o.)

Zu beachten ist jedoch, dass dieses Urteil keinen Freifahrtschein für Arbeitnehmer darstellt, Internetzugänge oder Mobiltelefone unter Berufung auf die irrige Annahme einer Gestattung zu privaten Zwecken zu nutzen. Entwickelt die private Nutzung ein solches Ausmaß, dass von einer gezielten Schädigung des Arbeitnehmers gesprochen werden kann, erscheint eine fristlose Kündigung gerechtfertigt (vgl. hierzu LAG Hessen vom 25.07.2011 – 17 Sa 153/11).