Archiv | Januar, 2012

Augen auf beim Luxus-Handy-ebay-Kauf

10 Jan

Am 18. Januar wird der BGH folgenden Fall verhandeln: Der Kläger hatte vom Beklagten bei ebay ein Handy „Vertu Weiss Gold“ – Originalpreis: 24.000 € (!) – zum Preis von 782 € ersteigert – als Maximal-Gebot hatte er 1.999 € eingegeben. Als das Handy geliefert wurde, verweigerte er die Annahme, weil es sich um ein Plagiat handelte und fordert nun 23.218 € Schadensersatz vom Verkäufer. Der Kläger hatte mit seiner Berufung vor dem OLG Saarbrücken keinen Erfolg; das OLG führte laut BGH-Pressemitteilung zur Begründung aus:

„Nach dem Vorbringen des Klägers sei der geschlossene Vertrag bereits gemäß § 138 Abs. 1 BGB als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig, da der Wert des Handys das Maximalgebot des Klägers um ein Vielfaches (hier das Zwölffache) übersteige und dieses besonders grobe Missverhältnis den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers als Begünstigten zulasse.

Unabhängig davon hätten die Parteien bei Vertragsschluss auch keine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend getroffen, dass Kaufgegenstand ein Originalhandy der Marke Vertu sei. Die Angaben der Beklagten in dem Angebot rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte habe die Beschaffenheit des Handys als Original des Herstellers Vertu beschrieben und der Kläger habe dies auch so verstanden. Gegen eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung spreche vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalhandy – nach der Behauptung des Klägers – einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Beschaffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein solches Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erheblich übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die Kaufsache nicht ausdrücklich als Original bezeichne.

Aber selbst bei Annahme eines Sachmangels scheide ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus, weil dieser den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe. Es sei erfahrungswidrig, dass ein Handy mit einem – wie vom Kläger behaupteten – derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem solchen Angebot habe für den Kläger der Verdacht naheliegen müssen, dass es sich bei dem angebotenen Handy nicht um ein Original handele.“

Bei ebay-Fällen drängt sich mir immer der Verdacht auf, dass die entscheidenden Richter ebay nicht recht verstehen. Denn ein Startpreis von 1 € bedeutet natürlich nicht, dass der Verkäufer auch von einem entsprechend niedrigen Verkaufspreis ausgeht, sondern kann vielmehr schlicht dazu genutzt werden, die ebay-Provision möglichst gering zu halten oder die Aufmerksamkeit auf das Angebot zu lenken. Deshalb erscheint mir der Schluss von einem niedrigen Startgebot auf das Vorliegen eines Plagiats, dass der Käufer in solchen Fällen also davon ausgehen muss, es handele sich um ein Plagiat, wenig überzeugend.

Aus den Besonderheiten des ebay-Verkaufs ergibt sich meines Erachtens auch, dass kein wucherähnliches Geschäft vorliegt, selbst wenn ein krasses Missverhältnis zwischen „objektivem“ Wert und dem Verkaufspreis besteht. Denn schließlich ist es gerade das Prinzip von ebay die Sache zum „Marktpreis“, also zum maximal erzielbaren Preis zu verkaufen. Der Verkäufer begibt sich dabei freiwillig (!) in die Gefahr eines erheblich hinter seinen Vorstellungen zurückbleibenden Kaufpreises. Auf der anderen Seite hat er aber auch die Möglichkeit, einen über seinen Erwartungen liegenden Erlös zu erzielen. Stellt man sich die Situation andersherum vor, wird dies deutlich: Der Bieter, der bereit ist, für eine Ware ein Vielfaches ihres „eigentlichen“ Werts zu bezahlen – man denke nur an den Papst-Golf –, wird sich, wenn er erfolgreich ist, kaum darauf berufen können, dass die Sache nur einen Bruchteil des Preises wert war. Dann ist es aber auch nicht einsichtig, warum der Verkäufer hier besser gestellt werden sollte.

Mal sehen, was der BGH draus macht…

Amnesty International: Guantanamo schließen!

6 Jan

Auf der Internetseite von Amnesty International findet sich eine Online-Petition, die am 23. Januar an US-Präsident Obama übergeben werden soll, die ihn zur Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo auffordert. Diese zu unterzeichnen, dauert keine 30 Sekunden!

Von amnesty.de:

„Am 11. Januar 2002, wenige Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, wurden die ersten Häftlinge in das US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba überführt. Seitdem wurde das Lager weltweit aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen bekannt, darunter willkürliche Festnahmen, geheime Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlung, außerordentliche Überstellungen und unfaire Gerichtsverfahren.

Zehn Jahre später befinden sich noch immer über 150 Gefangene in Guantánamo, der Großteil von ihnen in unbefristeter Haft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Diejenigen, gegen die Anklage erhoben wurde, erhalten ein unfaires Verfahren vor einer Militärkommission, einige von ihnen könnten zum Tode verurteilt werden. Die US-Regierung behält sich das Recht vor, die Häftlinge selbst nach einem Freispruch durch die Militärkommission weiter unbefristet in Gewahrsam zu halten. Mit dem neuen Gesetz über den US-Verteidigungshaushalt 2012 wurden diese Praktiken nun sogar in einem Gesetz festgeschrieben. Die für Folter und andere Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen Personen bleiben straflos, und bisher hat kein ehemaliger Häftling eine Entschädigung erhalten.“

Zur Petition

Examensreport NRW – Zivilrecht 12/2011

5 Jan

1. Klausur (Anwaltsgutachten) (lief  auch in Hamburg)

Den Sachverhalt findet Ihr hier (juraexamen.info). Es finden sich Elemente aus LG Ravensburg, Urt. v. 3.7.1987 – 3 S 121/87 = NJW 1987, 3142:

Bzgl. der Dereliktion (§ 959 BGB) von selbstgemalten Bildern, die zur Sperrmüllabholung am Straßenrand abgestellt werden.

1. (…) Wie das AG im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat, ist die sogenannte Dereliktion nach § 959 BGB eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist zweifelhaft, ob in einer Handlung eine Eigentumsaufgabe zu sehen ist, kann diese ausgelegt werden. Da die Erklärung keinen Empfänger hat, kommt es hierbei nur auf ihren objektiven Erklärungsgehalt an. (…) Wer Gegenstände in die Mülltonne wirft oder als Sperrmüll auf die Straße stellt, wird meistens jedes Interesse an ihnen verloren haben. Sein Wille geht dann nur dahin, daß der Müll fortgeschafft wird und ihn nicht mehr belastet. Ob dies die zuständige Müllabfuhr tut oder jemand, der mit dem Müll noch irgendetwas anfangen will, wird dem Eigentümer in der Regel gleichgültig sein. In diesen Fällen wäre eine Eigentumsaufgabe – soweit sie zulässig ist – als Erklärungsgehalt durchaus in Betracht zu ziehen. Anders verhält es sich nach Auffassung der Kammer von vornherein dann, wenn Dinge in den Müll gegeben werden, die erkennbar in irgendeiner besonderen Beziehung zu dem Eigentümer gestanden haben. Wer z. B. Briefe oder sonstige persönliche Dokumente, Bankunterlagen oder Geschäftspapiere wegwirft, will nicht, daß sie jeder beliebige Dritte an sich nimmt und sie unter Umständen gegen den früheren Eigentümer benutzt. Der Wille geht in solchen Fällen zwar auch dahin, die Gegenstände loszuwerden, dies aber nur zu dem Zweck, daß sie in einer Müllbeseitigungsanlage vernichtet werden. Der objektive Erklärungsgehalt ist dann eindeutig nicht auf eine Eigentumsaufgabe, sondern nur auf eine Eigentumsübertragung gem. § 929 BGB an den Träger der Müllabfuhr gerichtet. Nach Auffassung der Kammer ist das Verhalten des Kl. im letztgenannten Sinne auszulegen. Selbstgemalte Bilder haben für den betreffenden Künstler einen persönlichen Erklärungswert. Wenn er sie in andere Hände geben will, verkauft oder verschenkt er sie. Stellt er sie hingegen als Sperrmüll auf die Straße, macht er damit deutlich, daß er sie dem eigenen Vermögen und dem Rechtsverkehr entziehen und sie vernichtet wissen will.

(…)

Schwerpunkte: Deliktsrecht, Bereicherungsrecht, GoA.

2. Klausur:

Sachverhalt (juraexamen.info). 1. Teil der Klausur angelehnt an BGH, Urt. v. 27. 5. 2011 – V ZR 122/10 = NJW 2011, 2953.

Schwerpunkte: Kaufrecht (insb. Gewährleistungsrecht), allgem. Schuldrecht (insb. §§ 280ff.), Räumungsklage (Zwangsvollstreckungsrecht, Mietrecht, Sachenrecht). Zur Räumungsklge siehe Schuschke, JuS 2008, 977.

3. Klausur:

Sachverhalt (juraexamen.info). Teil 1 der Klausur angelehnt an BAG, Urt. v. 28. 10. 2010 – 8 AZR 418/09= NJW 2011, 1096. Teil 2: BAG, Urteil vom 12. 5. 2010 – 2 AZR 544/08 = NZA 2010, 1250.

Schwerpunkte: Arbeitsrecht (insb. innerbetrieblicher Schadensausgleich) und Prozessvergleich.

Arbeitgeber kann auf Wunsch ärztliches Attest bereits am ersten Krankheitstag verlangen

3 Jan

Nach einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln kann der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer bereits am ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest ohne Angabe eines Grundes verlangen, vgl. § 5 Abs.1 S.3 EFZG. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen, vgl § 72 Abs. 2 Nr.1 ArbGG.

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer spätestens am dritten Tag nach Krankheitsfall eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß § 5 Abs.1 S.2 EFZG beim Arbeitgeber vorlegen. Gesetzlich vorgesehen war bereits die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die Bescheinigung früher verlangen kann, vgl. § 5 Abs.1 S.3 EFZG. Umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist bislang jedoch die Frage, ob der Arbeitgeber hierfür sachliche Gründe anführen muss. Das Landesarbeitsgericht Köln hat dies nunmehr verneint und zudem festgestellt, dass die Entscheidung des Arbeitgebers keiner Ermessensüberprüfung seitens des Gerichts unterliegt.

Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitnehmerin vergeblich eine Dienstreise beantragt und sich anschließend für den gleichen Tag krank gemeldet. Daraufhin sprach der Arbeitgeber die Verpflichtung aus, künftig bereits am ersten Tag der Krankmeldung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.

Kommt der Arbeitnehmer der Vorlagepflicht nicht nach, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Fortzahlung des Entgelts gemäß §§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 7 II EFZG verweigern.

Von einem Amtsblatt, das mehr sein wollte

2 Jan

Warum sollte ein Amtsblatt einer Gemeinde keinen schönen Namen haben? Das dachten sich anscheinend die Verantwortlichen der Stadt Bad Liebstein und der Gemeinde Schweina und gaben ihrem Amtsblatt den wohlklingenden Namen „Der neue Stammgast“. Lustig.

 

Frohes Neues!

1 Jan

Allen unseren Lesern wünschen wir ein Frohes Neues Jahr 2012!

Außerdem möchten wir uns an dieser Stelle für die vielen positiven Reaktionen bedanken, die wir seit Ende September bekommen haben und hoffen, dass wissmit.com auch im neuen Jahr auf Zuspruch stößt.

Die Autoren

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