Vergangenen Samstag haben Rechtsradikale auf einer Demonstration in München die Melodie von „Paulchen Panther“, die durch die Mordserie der sogenannten „Zwickauer Zelle“ (zurecht zum Unwort des Jahres gewählt wurde der Begriff „Döner Morde“) zu trauriger Berühmtheit gelangte, abgespielt. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass dies „empörend, aber nur schwer zu bestrafen“ sei. Denn für eine Strafbarkeit nach § 140 StGB wegen Billigung von Straftaten sei erforderlich, dass die Billigung geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören. Dies sei vorliegend jedoch wohl nicht der Fall. Das erscheint mir richtig, und das Abspielen des Liedes, wie vom Grünen-Politiker Siegfried Benker gefordert, „als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu werten, oder zumindest als Werbung für diese“, erscheint mir fraglich − auch wenn ja prinzipiell so ziemlich jede Verhaltensweise unter § 129a StGB fallen kann.
Strafrechtliche Konsequenzen könnte das Abspielen meines Erachtens aber schon haben − und zwar nach § 189 StGB wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Verunglimpfung ist dabei mehr als eine bloße Beleidigung, es muss sich vielmehr um eine besonders schwere Kränkung handeln. Eine solche lässt sich im Fall der Billigung der Ermordung eines Menschen bejahen, stellt dies doch eine der schwersten Kränkungen, wenn nicht die schwerste Kränkung überhaupt und damit eine Verunglimpfung des Andenkens dar. So gelangt man also, auch wenn das Lied an sich natürlich − anders als etwa das „Horst-Wessel-Lied“ − nicht „verboten“ ist, zum Ergebnis, dass das Abspielen eine Straftat darstellte. Mal sehen, ob die Staatsanwaltschaft das auch so sieht…
Zu dem Thema schreibt auch Christoph Nebgen und Carsten Hoenig. Siehe auch den Beitrag von Markus Bader.
Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft etwas realitätsnäher ist, als Sie. Ein solches Urteil würde den braunen Dummköpfen eine unfassbare Macht in die Hände geben, wenn das Abspielen von Liedern die diese MISSbraucht haben schon eine Verunglimpfung nach §189 StGB wäre.
Als nächstes wird dann ein Auschwitz-Video mit Musik von Felix Mendelssohn-Bartholdy unterlegt. Wollen Sie dann auch die Werke dieses jüdischen Komponisten verbieten?
Anscheinend haben Sie mich falsch verstanden: Die Verleumdungshandlung lag hier in der besonders schweren Beleidigung, die als die Kundgabe eigener Miss- oder Nichtachtung definiert wird. Wenn Sie und ich nun das o.g. Lied abspielen, geben wir damit aber gerade keine Miss- oder Nichtachtung kund, sondern hören einfach Musik. Wer also nicht handelt, um die Opfer zu verhöhnen, sondern nur weil er das Lied mag, macht sich auch nicht strafbar.
Die Vorraussetzung für eine konkrete Bestrafung in diesem Fall, die Isidor offenbar nicht berücksichtigt hat, ist, dass die (durch die Tat verwirklichte) Intention des Täters (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) bestraft wird, nicht die pure Tat, die auch mit anderen Absichten (Film schauen, politische Bildung) vereinbar wäre.
Ich finde das eine interessante Frage, ob die Justiz der Ansicht ist, dass sie die einer (dieser) Handlung zugrundeliegende Intention hinreichend objektiv und sicher bestimmen kann, um jemanden zu verurteilen. Viele Geisteswissenschaftler würden bestreiten, dass Verstehen (als Intentionserkundung) ein objektiver Vorgang mit eindeutigem Ergebnis sein kann. Juristen mögen das anders sehen, die „verstehen“ ja auch ständig sowas wie die Intention des Gesetzgebers.
Ich finde das zumindest problematisch. Neonazis, die Flugblätter verteilt haben, wurden neulich freigesprochen: Sie hatten die Ansicht vertreten, dass Georg Elser nicht als Held verehrt werden dürfe, da bei seinem Bombenanschlag auf Hitler Menschen gestorben seien. Ich möchte Elser auch weiter als Helden feiern dürfen. Verunglimpfe ich damit das Andenken der Nazis, die statt Hitler Elsers Opfer wurden?
Nun kann man argumentieren, dass die Pink-Panther-Melodie die Ermordeten verhöhnen und lächerlich machen, die Morde herunterspielen sollte, da es sich um ein Comic-Thema handelt und als solches im öffentlichen Bewusstsein ist. Ich weiß nicht, ob in der gesamten Argumentation nicht zu viele Schwammigkeiten drin stecken, um eine Verurteilung wasserdicht zu rechtfertigen. Ich sehe da allerlei Einschränkungen von Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit drohen, wenn man solche Urteile nur hinreichend allgemein begründet.
Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Neonazismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen. Das sollte der Gesetzgeber schleunigst festschreiben, so dass man die ganze Baggage dann für die bloße Teilnahme an solchen Demos dran kriegt.
Auch wenn mir dieses braune Gesindel gewaltig auf den Senkel geht, sehe ich auch sehr große rechtliche Probleme, das Abspielen der Paulchen-Panther.Melodie als Straftat zu subsumieren. Meines Erachtens dürfte das schon an der Frage scheitern, ob hier jemand verunglimpfen wollte oder ob sich jemand bzw. jemand seine Angehörigen verunglimpft fühlt. Zum Thema Elser: Interessantes Thema. Wurde auch im scienceblog thematisiert im zusammenhang, was eigentlich Terrorismus ist bzw, was von Politik und Medien als Terrorismus dargestellt wird. Siehe Afghanistan: Heute sind die Taliban alles Terroristen, früher, als die Russen in Afghanistan waren, nannten wir diese Personen Mudschahedin – „Freiheitskämpfer“ eben. Interessanterweise könnte man die Anschläge von Elser und auch von Stauffenberg auch unter dem Begriff „Terrorismus“ subsumieren….