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Besuch einer mündlichen Examensprüfung

29 Sept

Neben dem Semesterpensum einer AG, versuche ich den Teilnehmern zudem einen „Blick über den Tellerrand“ auf dem Weg durch das Studium nahe zulegen:

Zwar bietet der Beruf des Juristen unzählige Möglichkeiten sich persönlich zu entfalten – kaum ein anderes Profil ist derart vielgestaltig einsetzbar. Allerdings kann das Studium durchaus klischeehaft „trocken“ sein und sich als steiniger Weg bis zum Ziel „Jurist/in“ erweisen.

Gerade das Stadium „Grundstudium“ kann frustrieren: Die juristische Denkweise ist noch fremd – und was bitte ist ein gelungener Gutachtenstil? Zudem müssen alle drei Rechtsgebiete mit Klausuren abgedeckt werden. Eine Situation, die – verschärft – erst in der Examensvorbereitung wieder eintritt. Zwischendrin bleibt kurz Zeit um im Hauptstudium wahlweise eigene Interessen abzudecken oder sich mit der Wahl des Schwerpunktes für einen möglicherweise schon angepeilten Karriereweg zu rüsten. Kurzum, das Grundstudium ist für die meisten Jurastudenten ein Sprung ins kalte Wasser. Der – wie ich erfahren habe mittlerweile gut beworbene – Freischuss gibt zudem ein recht ordentliches Tempo vor. Um dabei nicht nur „Scheine“ abzuarbeiten, sondern auch die persönliche Entwicklung zu fördern, rate ich zum „Blick über den Tellerrand“. Dieser kann nicht pauschal verordnet werden, sondern variiert mit der Interessenlage des Einzelnen.

Da ich selbst schon von Beginn des Studiums an strafrechtlich interessiert war und fernab von jeglicher Vorstellung des Berufsbildes völlig unbedarft „auf jeden Fall“ zur StA wollte, habe ich im ersten Semester die Veranstaltung „Rechtsmedizin für Juristen“ besucht. Geleitet hat mich dabei vor allem der Gedanke, nicht unbedingt am Arbeitsplatz zum ersten Mal mit einem „richtigen Toten“ konfrontiert zu werden (bei regelmäßiger Teilnahme besteht die Möglichkeit bei einer äußeren Leichenschau zuzuschauen). „Rechtsmedizin für Juristen“ (alle zwei Wochen mittwochs) empfehle ich noch heute.
Daneben versuche auch ich ein paar außerlehrplanmäßige Aktivitäten anzubieten. Neben dem klassischen Strafrechtsprogramm „Besuch einer Gerichtsverhandlung“ hat sich das Angebot einer Führung durch die JVA Ossendorf etabliert. Persönlich verbinde ich damit den für Strafrechtler unverzichtbaren Eindruck von der tatsächlichen Bedeutung des Freiheitsentzugs als Kriminalstrafe zu bekommen.

Zum ersten Mal habe ich zudem in den vergangenen Semesterferien den Besuch einer mündlichen Prüfung des ersten Staatsexamens vor dem OLG Köln organisiert. Fünf Studenten haben sich letztendlich „getraut“. Da ich selbst nicht mehr berechtigt bin, als Zuhörer teilzunehmen, hat eine studentische Kollegin die „Betreuung“ der Teilnehmer übernommen. Ich habe mich darauf beschränkt, vor dem Einlass etwas zum Examen im Allgemeinen und meinen persönlichen Erfahrungen im Besonderen zu berichten. Mit der Bitte um Feedback habe ich mich verabschiedet und muss gestehen schon ein bisschen gehofft, dass der „Schuss nicht nach hinten losgeht“. Vermitteln wollte ich den Eindruck „die anderen kochen auch nur mit Wasser“ (das beschreibt meinen eigenes Fazit nach dem ersten Zuhören kurz vor meiner Freischussprüfung); vermeiden in jedem Fall aber Resignation im Sinne von „das schaffe ich nie“.

Noch am gleichen Tag bekam ich positive Rückmeldungen: Eine gute Erfahrung sei es gewesen. Und machbar. Fast noch mehr freute mich der Bericht meiner Kollegin „die (Studenten 2. Semester, Anm. d. Verf.) wussten ja teilweise mehr als die Prüflinge“. Mir fiel ein Stein vom Herzen: Gewünschter Effekt – Abmildern der Examensangst – erzielt! Ich kann es nur jedem Studenten schon im Grundstudium empfehlen, sich eine mündliche Prüfung anzusehen. Achja, Platzkarten gibt es ab 9:30 in Zimmer 201 nach Vorlage von Studenten- und Personalausweis.

Die wundersame Auferstehung der actio libera in causa

28 Sept

Zwei Dinge fallen bei der actio libera in causa ein. Zunächst ist sie ein typisches Beispiel für den sog. Akademikerstreit: große Diskussion, die bei weitem nicht dieselbe Bedeutung in der Praxis hat (3 Promille müssen erstmal ohne schwere gesundheitliche Folgen erreicht werden!). Dazu handelte es sich um eines der Themen, die vor zehn Jahren sehr „examensrelevant“ waren. Nach der Leitentscheidung BGHSt 42, 235 (1996) war die alic sowohl in den Examensklausuren als auch in der mündlichen Prüfung ein Renner. In den 00′-Jahren war das Thema jedoch „out“. So sehr, dass der eine oder andere private Repetitor sagte: „da können Sie ruhig auf Lücke lernen“. Ein Fehler für manchen Examenskandidaten in 2011…wenn er sich denn nicht darauf vorbereitet hatte. Sowohl im Juni (vorsätzliche alic) als auch im August (fahrlässige alic im Straßenverkehr) war die alic ein gewichtiger Bestandteil der Examensklausur im Strafrecht. Dabei gab es keine besonderen Rechtsprechungsänderungen oder wissenschaftlichen Neuerungen zu dem Thema. Das Thema kam quasi aus dem Nichts…

Fazit: solche „Klassiker“ sollten nie vernachlässigt werden, da sie zum Standardrepertoire der Prüfer gehören. Es wird vorausgesetzt, dass einem Examenskandidaten zumindest die Grundzüge der alic, die schon im ersten (!) Semester behandelt wird, bekannt sind…

Für alle, die ihre Kenntnisse auffrischen wollen, sei als Einstieg der Aufsatz von Thomas Rönnau (JuS 2010, 300ff.) ans Herz gelegt.