Der Teufel kommt nachts…

18 Dez

Kann in einer freien Marktwirtschaft eine Vereinbarung über eine Teufelsaustreibung zu freien Preisen erlaubt sein?, LG Mannheim NJW 1993, 1488 – Adventskalender (18)

Der Vorsitzende Richter Dr. Wolf Wimmer am LG Mannheim, aus dessen Feder das vorliegende Urteil stammt, ist ein Wiederholungstäter. 1997 schenkte er uns die Perle zur Glaubwürdigkeit des Pfälzers  (s. Türchen Nr. 4). In der Entscheidung von 1993 konnte Dr. Wimmer jedoch auch als Experte glänzen. Denn neben einschlägigen Aufsätzen (Parapsychologie, Wissenschaft und Rechtsordnung, NJW 1979, 587), verfasste er mit Otto Prokop das Buch „Der moderne Okkultismus“ (1976). Die Teufelsaustreiberin von Mannheim kam also sehr gelegen. Aufgrund der kurzweiligen Art, findet sich hier ausnahmsweise das kaum gekürzte Urteil wieder.

„Zum Sachverhalt:

Am 2. Weihnachtsfeiertag 1990 hielt sich die Angekl. in M auf. In der Nähe des Wasserturms sprach sie die dort ihr schwerbehindertes Kind ausführende A an und erbot sich, ihr für 30 DM die Karten zu legen. Frau A, die regelmäßig zur Wahrsagerin geht, weil sie “in ihren Problemen klarer in die Zukunft sehen möchte”, nahm das Angebot an. Da die Cafes überfüllt waren, begab man sich zur nahegelegenen Wohnung der Frau A, um mehr Ruhe zu haben. Im Wohnzimmer legte die Angekl. dann Frau A in der üblichen Weise die Karten und las ihr auch aus der Hand, wofür sie 50 DM erhielt. Die Angekl., die sehr intelligent ist und gewandt auftritt, gedachte nun, die von ihr sogleich erkannte Naivität und Leichtgläubigkeit der Kundin weiter finanziell auszubeuten, und machte dieser mit düsterer Miene vor, über ihr liege ein Fluch; um Genaueres feststellen zu können, benötige sie ein rohes Ei. Bestürzt holte Frau A ein frisches Ei aus der Küche. Die Angekl. wickelte nun das Ei in ein mitgeführtes Handtuch, murmelte einige Beschwörungsformeln darüber und drückte das Handtuch zusammen, so daß das Ei zerbrach, zeigte dann in dem wieder aufgewickelten Handtuch den entstandenen Brei vor und wies auf eine schwärzliche Stelle im Dotter: das sei der Teufel, der nachts kommen könne und deshalb unbedingt ausgetrieben werden müsse, verkündete sie der angstbebenden Frau. Auf deren beklommene Frage, wie denn dieser Teufel auszutreiben sei, erwiderte die Angekl., sie benötige dazu von ihr 5000 DM oder Geschirr, Bettwäsche oder Schmuck in diesem Wert, um dies zusammen mit dem “Wesen im Ei” um Mitternacht zu begraben. Auf den Einwand der Frau A, so viel Geld habe sie nicht zu Hause, erklärte die Angekl., sie werde dann eben in einigen Tagen wieder kommen und das Geld, das Frau A zwischenzeitlich auf der Bank besorgen solle, abholen; als “Anzahlung” ließ sie sich 150 DM geben und lieh sich noch die Lederjacke der Frau A “als Pfand”, bevor sie verschwand. Als die Angekl. ihre Absicht, Frau A die 5000 DM abzuluchsen, am 28.12.1990 verwirklichen wollte und dieser telefonisch ihren erneuten Besuch ankündigte, bekam Frau A es mit der Angst zu tun, nachdem ihr zwischenzeitlich Zweifel an den Behauptungen der Angekl. gekommen waren. Sie rief deshalb bei der Polizei an und bat um Rat und Hilfe. Daraufhin begaben sich die Polizeibeamten I und K in die Wohnung von Frau A und instruierten sie, sie solle die Angekl. “hinhalten”, während sie selbst im Raum nebenan das Gespräch mit anhören würden. Gegen 20.00 Uhr erschien die Angekl. tatsächlich. In der Erwartung, nunmehr die 5000 DM kassieren zu können, gab sie Frau A Anzahlung und Lederjacke zurück und verlangte “die 5000 DM für den Teufel”, nachdem sie zuvor noch unter Kreuzschlagen angebliches Weihwasser aus einem Fläschchen verspritzt hatte. Nachdem Frau A schließlich die verlangte Geldübergabe ablehnte, erklärte die Angekl. in der Hoffnung, bei einem weiteren Treffen das Geld doch noch zu bekommen, Frau A solle sich “die Sache nochmal gut überlegen”, und wollte die Wohnung verlassen, wurde jedoch noch an Ort und Stelle von den beiden Polizeibeamten, die im Zimmer nebenan durch einen Türspalt zugehört hatten, festgenommen. Die Angekl. wußte und weiß, daß ihr Gerede vom “Teufel” und ihr “Ei-Test” Hokuspokus ist und sie niemandem den “Teufel austreiben“ kann. Das AG hat die Angekl. vom Vorwurf des versuchten Betruges freigesprochen.

Aus den Gründen:

(…)

III. Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung der Angekl., soweit ihr gefolgt werden konnte, den Bekundungen der Zeugen A, POM I und POM K, dem Bundeszentralregisterauszug für die Angekl. und dem Urteil des AG Gießen, das zur früheren Betrugstat der Angekl. ergangen ist.

Die Angekl. hat, nach erstmaliger Einlassung bei der Polizei und späterer beim AG, in der Berufungshauptverhandlung zunächst Angaben zu Sache verweigert, dann aber hierzu doch noch Aussagen gemacht. Sie gibt zu, der Zeugin A in deren Wohnung für freiwillig gegebene 50 DM wahrgesagt zu haben, bestreitet jedoch, daß außerdem von Geld o. ä. für eine Teufelsaustreibung die Rede gewesen sei („Teufel – was ist das? Ich kann niemand den Teufel austreiben“); nie habe sie in der beschriebenen Weise ein Ei zerdrückt, die Zeugin sei wohl “nicht richtig im Kopf”, so was zu erzählen. Beim zweiten Besuch in der Wohnung A habe sie lediglich die geliehene Lederjacke zurückbringen wollen und hierbei etwas Weihwasser verspritzt, “zum Segen”.

Die Angekl. wird jedoch der ihr vorgeworfenen Tat überführt durch die übereinstimmenden und glaubhaften Bekundungen der genannten Zeugen. Die Zeugin A hat in sehr spontaner Art ihre Erlebnisse mit der Angekl. geschildert und sich ihrer Leichtgläubigkeit nicht geschämt; ganz offen hat sie bekannt, von der Existenz gewisser übersinnlicher Phänomene, die gemeinhin als törichter Aberglaube belächelt zu werden pflegen, wie Hellsehen, Weissagen und anderer “unerklärlicher Dinge“, überzeugt zu sein („da ist was dran”). Keineswegs ist diese Zeugin “nicht richtig im Kopf”, wie die Angekl. glauben machen möchte. Der Kammer imponierte sie vielmehr als zwar einfache, aber psychisch völlig gesunde Frau, die wie viele andere als “Alleinstehende” mit einem behinderten Kind an entsprechenden Problemen trägt, sich aber dennoch ihre Lebenstüchtigkeit bewahrt hat und auch im Zeugenstand ersichtlich nicht nur aussagetüchtig, sondern auch vom Streben nach Wahrhaftigkeit geprägt erschien. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß ihre Bekundungen erkennbar von keiner Belastungstendenz getragen waren. Im Gegenteil suchte sie die Angekl. möglichst zu schonen – durchaus verstehbar aus ihrem Glauben an die Fähigkeiten von Wahrsagerinnen. So betonte sie immer wieder, wie nett die Angekl. zu ihr gewesen sei und wie sehr sie, die Zeugin, mit ihren Weissagungen aus Hand und Karten zufrieden gewesen sei.

Im übrigen wird der Teil der Bekundungen der Zeugin, dem zufolge die Angekl. noch bei ihrem zweiten Besuch 5000 DM haben wollte, zumindest von dem Zeugen POM I bestätigt, der das im Nebenzimmer versteckt ebenfalls gehört hat. Das läßt sich nicht einfach hinwegeskamotieren, wie dies die Verteidigung offensichtlich gerne möchte. Daß der im selben Zimmer anwesende Zeuge POM K sich daran nicht erinnern kann, erscheint durchaus verständlich, denn allzugut waren angesichts der nur einen schmalen Spalt offenen Tür die akustischen Wahrnehmungsmöglichkeiten der Polizeibeamten nicht – sie konnten beide jeweils nur Gesprächsfetzen auffangen. Der Zeuge I hat diesen Teil des Gesprächs aber gehört und dies bereits in seinem Protokoll vom 15. 2. 1991 festgehalten. Schlußendlich wird die Angekl. auch durch den Inhalt der Aussage der A überführt. Bei der von dieser geschilderten Demonstration mit dem rohen Ei handelt es sich nämlich um einen der Okkultkriminalistik seit langem bekannten Modus operandi krimineller Wahrsager, Hexenbanner und Teufelsaustreiber (vgl. Kruse, Hexen unter uns?, S. 112 f.). Der Trick nützt den alten Aberglauben aus, demzufolge der gelegentlich im Eidotter anzutreffende schwarze Fleck („Hahnentritt”) als “Spirifankerl” d. h. Teufelchen angesehen wird (vgl. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube in der Gegenwart, Nrn. 156, 386, 755). Das aber konnte die – ersichtlich in Volkskunde keineswegs belesene – Zeugin A beim besten Willen nicht erfinden, das hat sie tatsächlich erlebt. Entsprechend psychologisch stimmig erscheint es, daß sie beim Anblick des zerbrochenen Eis zutiefst erschrocken war. Es ist also eine altbekannte Masche betrügerischer Okkulttäter, die hier berichtet wurde, und nun wird auch klar, warum die Angekl. gerade dieses Detail in der Aussage der Zeugin so vehement ableugnet: weil es nämlich ihre betrügerische Absicht verrät. Ersichtlich sollte der alte Hexen- und Teufelsbannertrick die abergläubische Zeugin zum Glauben an einen “Teufel” im Haus beirren, um diesen dann entgeltlich wieder “austreiben” zu können. Die Angekl. ist sonach trotz ihres Leugnens im Sinne der Anklage entlarvt.

IV. Die Angekl. hat deshalb den objektiven und subjektiven Tatbestand des versuchten Betrugs erfüllt. Sie hat in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, versucht, das Vermögen einer anderen dadurch zu beschädigen, daß sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtumerregte, Vergehen, strafbar nach §§ 263I, II, 22, 23 StGB.

a) Durch die mit dem “Ei-Beweis” untermauerte falsche Behauptung, im Haus sei ein “Teufel”, der von ihr mit 5000 DM ausgetrieben werden könne, hat die Angekl. die Zeugin A in den Irrtum versetzt, dem sei tatsächlich so. Dabei wußte die Angekl., daß sie der Zeugin eine Komödie vorspielte und daß sie keine Teufel austreiben kann. Mittels dieser Täuschung wollte sie die Zeugin dazu bewegen, ihr 5000 DM auszuzahlen, und sie um diesen Betrag schädigen.

b) Auf das Geld hatte die Angekl. keinen Anspruch. Der Einwand der Verteidigung, in einer freien Marktwirtschaft wie hierzulande müsse auch eine Vereinbarung über eine Teufelsaustreibung zu freien Preisen erlaubt sein, geht fehl, denn ein Vertragsverhältnis konnte im vorliegenden Fall gem. § 306 BGB von vornherein gar nicht zustande kommen, weil die von der Angekl. versprochene Leistung objektiv unmöglich ist. Es ist nämlich offenkundig, d. h. es wird von keinem verständigen Menschen bezweifelt, daß niemand “Teufel austreiben“ kann (vgl. Haag, Teufelsglaube, m. w. Nachw.). Okkulte Behauptungen dieser Art bewegen sich “außerhalb der allgemein geltenden Erfahrungssätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse und damit auch außerhalb der auf den Naturgesetzen beruhenden Regeln menschlichen Zusammenlebens” (Prokop-Wimmer, Der moderne Okkultismus, 2. Aufl. (1987), S. 270 m. w. Nachw.). Derartige angebliche Fähigkeiten und Erscheinungen sind “lediglich dem Glauben oder Aberglauben, der Vorstellung oder dem Wahne angehörig; sie können, als nicht in der wissenschaftlichen Erkenntnis und Erfahrung des Lebens begründet, vom Richter nicht als Quelle realer Wirkungen anerkannt werden … Wie tatsächlich, so sind sie auch rechtlich indifferent, sie fallen aus dem Kreise kausaler Veranstaltungen ganz hinaus” (RGSt 33. 322 f. – Teufelsbeschwörung). Dabei ist es gleichgültig, nach welchen “Regeln” eine “Teufelsaustreibung” erfolgen soll, ob nach dem sog. Rituale Romanum der katholischen Kirche oder nach den Zeremonien von “Zauberbüchern” („6. und 7. Buch Moses”, vgl. RGSt 33, 321). Vereinbarungen, in denen Leistungen dieser Art versprochen werden, sind nach dem Grundsatz “Impossibilium nulla obligatio” nichtig (Dig. 50, 17, 185; OLG Düsseldorf, NJW 1953, 1553 – astrologisches Horoskop; LG Kassel, NJW 1985, 1642 – Liebeszauber auf parapsychologischer Grundlage).

Der Angekl. stand also ein Anspruch auf die begehrten 5000 DM gar nicht zu, dieser von ihr erstrebte Vermögensvorteil wäre rechtswidrig gewesen. Das war ihr, wenn auch laienhaft, bewußt, denn sie hat wie gesagt eingeräumt, daß sie “niemandem den Teufel austreiben kann”.

c) Die Tat ist allerdings im Versuchsstadium steckengeblieben, da es nicht zur Auszahlung der 5000 DM-Summe gekommen ist. Straflosigkeit gem. § 24I StGB kommt nicht in Betracht, da die Angekl., wie dargelegt, die weitere Ausführung der Tat nicht freiwillig aufgegeben hat. Sie hat zwar die ihr beim ersten Besuch übergebene “Anzahlung” und die “ausgeliehene” Lederjacke zurückgegeben, aber ersichtlich nur, weil sie nunmehr die gesamten 5000 DM entgegenzunehmen gedachte. Und selbst dann noch, als die Zeugin A endgültig die Zahlung ablehnte, gab die Angekl. ihre Absicht, das Geld doch noch zu erhalten, nicht auf, wie ihre Aufforderung an Frau A zeigt, diese solle sich die Sache nochmal gut überlegen.

d) Entgegen der Auffassung der StA ist aber auch keine Vollendung durch die Herausgabe der 150 DM beim ersten Besuch eingetreten. Denn nicht auf diesen geringen Betrag, sondern auf den erst beim zweiten Besuch winkenden “großen Batzen”, die 5000 DM, hatte es die Angekl. abgesehen; die 150 DM sollten nach ihrer vorgefaßten Absicht nur als Mittel dienen, die Zeugin A bis auf weiteres bei der Stange zu halten.

Nach allem ist die Angekl. wegen eines Vergehens des versuchten Betrugs zu bestrafen. Das zuvor erfolgte Kartenlegen und Handlesen ist nach der Aufhebung des sog. Gaukeleiparagraphen strafrechtlich nicht mehr erfaßbar, obschon auch hier Betrug denkbar ist. Im allgemeinen ist jedoch anzunehmen, daß bei den insoweit üblichen sehr geringen “Honoraren” schon die “Täter” selbst davon ausgehen, daß die Kunden hier keine echten Leistungen erwarten, vielmehr – jedenfalls vorwiegend – nur jahrmarktähnliche Unterhaltung kaufen wollen, so daß schon die notwendige Täuschungsabsicht entfällt. Im übrigen sind Kartenlegen und Handlesen in vorliegendem Fall nicht Gegenstand der Anklage.

V. 1. Für die Strafzumessung war gem. § 46 StGB zunächst zu beachten, daß die Angekl. schon einmal wegen Betrugs mit Freiheitsstrafe bestraft worden ist und überdies zur Zeit der Begehung der vorliegenden neuen Tat noch unter Bewährung stand. In Übereinstimmung mit der Auffassung der StA konnte es deshalb nicht mehr mit einer Geldstrafe sein Bewenden haben, vielmehr kam nur noch eine Freiheitsstrafe in Frage.

Bei der Bemessung der Freiheitsstrafe war als straferschwerend außer der erwähnten einschlägigen Vorstrafe zunächst die Hartnäckigkeit zu werten, mit der die Angekl. an das Geld ihres Opfers heranzukommen suchte. Die dazu angewandten Schliche zeigen, daß die Angekl. mit den Tricks gewerbsmäßiger betrügerischer Gaukler durchaus vertraut ist. Strafschärfend muß auch ins Gewicht fallen, daß die Angekl. auf eine Geldsumme aus war, die für die erkennbar bedürftige Zeugin A, die ebenfalls von Sozialhilfe lebt, sehr hoch war, was auf eine einigermaßen kaltherzige Gesinnung schließen läßt, die wiederum typisch für unechte (betrügerische) Okkulttäter ist (vgl. die Fälle bei Prokop, Medizinischer Okkultismus. Paramedizin, 4. Aufl. (1977), S. 295 ff.).

Unerfreulich wirkte an sich auch die Art, wie die Angekl. Frau A als “nicht richtig im Kopf” hinzustellen versuchte, d. h. also ihr Opfer noch nachträglich zu verhöhnen schien. Doch darf dies als Teil des Einlassungsverhaltens der Angekl. hier nicht gewertet werden, ebensowenig wie das Fehlen eines Geständnisses. Mildernd war jedoch zu berücksichtigen, daß die übergroße Leichtgläubigkeit des Opfers die Angekl. in Versuchung geführt haben mag, in diesem Fall mühelos einen größeren Coup zu landen. Strafmildernd war es auch zu werten, daß es vorliegend beim bloßen Versuch geblieben ist, so daß dem Opfer letztlich größerer Schaden erspart blieb (§§ 23II, 49II StGB).

Nach Abwägung aller für und gegen die Angekl. sprechenden Umstände erschienen der Kammer sechs Monate Freiheitsstrafe als schuldangemessen, ausreichend, aber auch als notwendig, um die Angekl. von weiteren Delikten dieser Art abzuhalten.

2. Die Kammer hat diese Strafe gem. § 56I StGB nochmals zur Bewährung ausgesetzt, allerdings nicht ohne Bedenken, die auch von der StA geteilt werden, die zutreffend auf die generell ungünstige Prognose bei Täter/innen der vorliegenden Art verwiesen hat (Schäfer, Der Okkulttäter, S. 262 f.). Schließlich hat die Angekl. auch eine laufende Bewährung gebrochen. Diese Strafe ist jedoch inzwischen erlassen, allerdings wohl nur, weil die neuerliche Tat nicht bekannt geworden war. Dazu liegt die Vortat immerhin nahezu drei Jahre zurück, was wiederum prognostisch nicht ungünstig erscheint. Doch meint die Kammer, in vorliegendem Fall durch die Gestaltung von Auflagen zusätzliche Voraussetzungen dafür schaffen zu können, daß die Kriminalprognose schon allein hierdurch zum Positiven beeinflußt wird. Ausgehend von der Einlassung der Angekl., derzufolge diese sich ein Zubrot durch Jahrmarktswahrsagerei zu verdienen pflegt, das bei dem üblichen Zuschnitt sicherlich nicht unter monatlichen 600 bis 1000 DM liegt, hat sie als Bewährungsauflage festgesetzt, 21/2 Jahre lang jeden Monat 100 DM an eine gemeinnützige Einrichtung für Kinder in Not zu überweisen, bis zur Hälfte des von ihr hier durch Betrug erstrebten Betrages. Auf diese Weise wird während eines überwiegenden Teils der Bewährungszeit in ihr immer wieder die Erinnerung an ihr vorliegendes Delinquieren wachgerufen und so ein ihr Hemmungsvermögen fördernder psychischer Effekt erzielt, so daß auch hierdurch die Rückfallgefahr gemindert wird.

So gesehen dürften die besonderen Umstände geschaffen sein, die erforderlich sind, um trotz Vorliegens eines Bewährungsbruchs dennoch eine günstige Sozialprognose zu gewähleisten (vgl. die bei Dreher-Tröndle, StGB, 45. Aufl., § 56Rdnr. 6 b zit. Rspr.).

VI. Nach allem war der Berufung der StA stattzugeben und unter Aufhebung des angefochtenen Urteils wie geschehen zu erkennen.“

In den nächsten Wochen werden wir jeden Tag im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile veröffentlichen. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können Türchen für Türchen entdeckt werden.

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