Zu den Grenzen der Vornamenswahl der Eltern, LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.06.2014, NJW-RR 2014, 1156, – Adventskalender (10)
Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des Beteiligten zu 3. Sie beantragen, dass ihr Sohn die Vornamen T. M. Waldmeister erhält. Der Standesbeamte lehnte die Beurkundung des Namens Waldmeister ab. Zur Begründung führte der Standesbeamte unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Gutachten aus, dass das Wort „Waldmeister“ als Vorname nicht nachgewiesen werden könne. Das Wort „Meister“ sei in der Schreibform „meistar“ seit dem 8. Jahrhundert im deutschen Sprachraum für einen Baumeister, Künstler, Leiter, Lehrmeister und Lehrer bezeugt. Es erscheine nur in Familiennamen, die aus Berufsbezeichnungen entstanden seien. Zwar seien Blumen- und Pflanzenbezeichnungen heute vor allem als weibliche Vornamen gebräuchlich – wie etwa Jasmin, Rosa, Erika, und Lilia. Viele dieser Vornamen seien jedoch nicht als Pflanzennamen aufgekommen, sondern nur wegen ihrer Ähnlichkeit an Blumennamen angelehnt worden. Das Wort „Waldmeister“ werde im deutschen Raum nicht als Vorname, sondern vor allem als Pflanzenbezeichnung und als Bestandteil für Getränke und Speiseeis assoziiert. Diese Assoziation eines Vornamens „Waldmeister“ könne auf Grund seiner Herkunft und seiner allgemeinen Verwendung im Sprachgebrauch dazu führen, dass der Beteiligte zu 3. der Lächerlichkeit preisgegeben werde.
Gegen diesen Bescheid legten die Beteiligten zu 1. und 2. Widerspruch ein und begründeten ihn unter anderem damit, dass der Vorname „Waldmeister“ nicht negativ konnotiert sei, sondern vor allem Naturverbundenheit impliziere. Vermeintliche Trendnamen wandelten nicht selten innerhalb einer Dekade zu einem regelrechten Stigma. Assoziationen änderten sich kontinuierlich und seien nicht vorhersehbar. Im Übrigen sei der Vorname „Woodruff“ in den Archiven der US-Zensusbehörden mehrfach für das 19. und 20. Jahrhundert nachweisbar. Die eindeutige Nachweisbarkeit des Vornamens „Waldmeister“ sowie des Namensbestandteils „Master/Meister“ in der englischen Sprache müsse es ihnen ermöglichen, ihrem Sohn die ausgewählten und für ihn bestimmten Namen zu geben.
Dazu das OLG:
„Das Wort „Waldmeister“ (..) wird im deutschen Sprachraum unter anderem mit einer Bezeichnung für Speiseeis, einer Geschmacksrichtung in Erfrischungsgetränken, einem Beruf und – worauf das vom Standesbeamten eingeholte Gutachten nachvollziehbar hinweist – vor allem mit einer Pflanze assoziiert. Die Sachverständige hat zudem plausibel dargelegt, dass ein männlicher Vorname „Waldmeister“ nicht nachgewiesen werden konnte. Dieser Kontrast der Verwendung des Wortes „Waldmeister“ als bekannte und gewöhnliche Bezeichnung von Sachen einerseits und der überraschenden Verwendung als Vorname andererseits ist der Grund dafür, dass ein solcher Vorname als lächerlich empfunden werden und – was die Sachverständige zutreffend zu bedenken gibt – seinen mit ihm verbundenen Träger lächerlich machen kann.Es kommt deshalb nicht darauf an, ob „Waldmeister“ oder sein englisches Äquivalent in den Vereinigten Staaten von Amerika als Vorname bereits Verwendung gefunden hat.
Zu Recht führt die Beschwerdeführerin aus, dass vermeintliche „Trendnamen“ in kurzer Zeit negative Assoziationen hervorrufen könnten. Das rechtfertigt allerdings nicht, bei einer nach der Geburt eines Kindes zu treffenden Wahl eines Vornamens einen solchen zu wählen, der das Kind vorhersehbar der Lächerlichkeit preisgibt. Der Vorname soll der Individualität einer Person Ausdruck verleihen und den Einzelnen bezeichnen. Das Kind trägt den ihm von den Eltern gegebenen Namen grundsätzlich zeitlebens und kann ihn nicht selbstbestimmt ablegen. Mit dem Namen trägt es auch die Folgen, die aus einem Vornamen der persönlichen Entwicklung eines Menschen drohen können. Im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, dass die Beteiligten zu 1. und 2. das treuhänderische Recht der Namenswahl im wohlverstandenen Interesse ihres Sohnes durch die Wahl des Vornamens „Waldmeister“ verantwortungsvoll ausgeübt haben. (…)“
In den nächsten Wochen werden wir jeden Tag im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile veröffentlichen. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können Türchen für Türchen entdeckt werden.
Na war doch klar. Erdmann und Sif sind tadellos und sogar in Sachsen ist Dankwart als Vorname und nicht als Berufsbezeichnung ok…Sachen gibts…