Cannabis-Anbau im Schlafzimmer

6 Dez

17 Marihuana-Pflanzen im Schlafzimmer können zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages führen, AG Köln WM 2008, 595 – Adventskalender (6)

„Der Beklagte mietete die von ihm bewohnte Wohnung von der Klägerin ab September 2002. Die Polizei stellte am 18.9.2007 in der Wohnung 17 Marihuana-Pflanzen und 43 Blumentöpfe mit Reststengeln (…) sicher. Die Klägerin kündigte dem Beklagten unter dem 5.10.2007 fristlos hilfsweise fristgerecht wegen professionellen Anbaus von Cannabis und Ernte, Konsum und Weitergabe an Dritte. Der Beklagte hält dem entgegen, er habe nur einige Pflanzen für den Eigenbedarf gezogen und nicht weitergeben sondern die nervliche Belastung aus dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Pflege seiner todkranken Mutter abmildern wollen. Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe in der Wohnung in erheblichem Umfang Cannabis-Pflanzen angebaut, geerntet, konsumiert und an Dritte weitergegeben. Er habe Nachbarn mit dem typisch süßlichen Geruch belästigt und unerwünschte Personen in das Mietshaus eingelassen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die (…) Mietwohnung, bestehend aus 2 Zimmern (…) zu räumen (…).

Die Klage ist begründet.

(…) Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis dadurch in seiner Grundlage entscheidend erschüttert, dass er die Wohnung genutzt hat, um in erheblichem Umfang Rauschgift zu produzieren. (…)

Der Beklagte kann sein Fehlverhalten nicht damit abmildern, dass er von einigen Marihuana-Pflanzen und keineswegs professionellem Vorgehen redet. Die Liste über die asservierten Gegenstände, deren Richtigkeit nicht in Frage gestellt worden ist, spricht für sich. Das Schlafzimmer war mit 17 Marihuanapflanzen von 1,10 m Höhe und 19 Blumentöpfen mit Reststengel völlig zweckentfremdet. Auf dem Balkon standen weitere 24 Blumentöpfe mit Reststengel neben drei Marihuanapflanzen, wobei die dazu angegebenen Höhen von 45, 70 und 71 cm im Zusammenhang mit dem vorgefundenen Cannabissamen belegen, dass auch nicht nur eine einzige Aussaat angenommen werden kann. Die weiter sichergestellten Gerätschaften bis zu einem angerauchten Joint belegen das zielgerichtete Vorgehen des Beklagten in großem Stil. Er wird nicht ernsthaft glauben machen wollen, er sei von dem Ergebnis seiner Produktion überrollt worden. Der Ablauf ist von ihm auch hinsichtlich der dabei auf die erworbene Fachliteratur aufbauend gewonnenen Erkenntnisse nach wie vor nicht plausibel dargestellt worden. Angesichts des nicht zu bestreitenden Bestandes hat sich der Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten immerhin bemüßigt gesehen, eine Absicht dahin zu verlautbaren, dass ein Vorrat für ihn für wenigstens ein halbes Jahr entstehen sollte. Wenngleich wie gesagt von Seiten des Beklagten zu den hergestellten und verbrauchten Mengen konkret nichts gesagt wird, muss eine Weitergabe an Dritte unter den festzustellenden Umständen wenigstens in Betracht gezogen werden. Dass der Beklagte durch die Anzeige einer Mitmieterin und das Einschreiten der Polizei an der Fortsetzung seines Unterfangens gehindert worden ist, kann er nicht für sich anführen. Er hat die zu Wohnzwecken überlassenen Räumen in einer Weise zu anderen Zwecken missbraucht, die der Vermieter nicht hinnehmen muss.“

In den nächsten Wochen werden wir jeden Tag im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile veröffentlichen. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können Türchen für Türchen entdeckt werden.

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