Skatvermögen und schießende Noch-Ehefrauen

10 Dez

1. Skatspielgewinne sind unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. 2. Dreimaliges Schießen auf den Ehemann führt nicht notwendigerweise zur Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit, OLG Düsseldorf NJW 1993, 3078 – Adventskalender (10)

„Die Parteien haben am 8. 6. 1982 geheiratet. Die Ehe ist kinderlos. Beide sind aber bereits verheiratet gewesen und haben aus den früheren Ehen volljährige Kinder. Die Parteien haben seit Ende 1991 innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt. Die Kl. ist am 17. 2. 1992 ausgezogen. Die Kl., die während der Ehe nicht berufstätig war, nimmt den Bekl. auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Die Parteien streiten u. a. darüber, ob die Skatgewinne des Bekl. zu seinem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen gehören sowie ob die Kl. ihren Unterhaltsanspruch wegen dreier Revolverschüsse, die sie am 11. 5. 1991 auf den Bekl. abgegeben hat, verwirkt hat. Das AG – FamG – hat in beiden Fragen zugunsten der Kl. entschieden. Die Berufung des Bekl. hatte insoweit keinen Erfolg.

Dazu das OLG:

„Es bestehen daher keine durchgreifenden Bedenken, die offensichtlich regelmäßigen Einkünfte aus dem Skatspiel als anrechnungsfähiges Einkommen anzusehen. Selbst gesetzwidrig erlangte Mittel – was für die Skatgewinne nicht zutrifft – sind anrechenbares Einkommen des Unterhaltspflichtigen. Bei den Einkünften aus Skatspiel handelt es sich auch nicht um freiwillige Leistungen Dritter oder um Einnahmen aus einer unzumutbaren Tätigkeit. Das Argument des Bekl., die Kl. würde auch keine Reduzierung ihres Unterhalts hinnehmen, wenn er mit dem Skatspiel ständig Verluste machen würde, überzeugt nicht. Ständige Verluste im Skatspiel muß der Unterhaltsberechtigte nicht über einen verminderten Unterhalt finanzieren. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Der Bekl. macht eingestandenermaßen Gewinn, weil er offensichtlich besser spielt als seine Mitspieler. Damit wird dem Bekl. keineswegs angesonnen, auch in Zukunft nach einem 8-Stunden-Tag weiterhin in den “Skatclub” zu gehen, um Nebeneinnahmen zu erzielen. Es steht ihm frei, diese Tätigkeit jederzeit einzuschränken oder aufzugeben. Solange er aber Skatgewinne macht, sind die daraus resultierenden Einnahmen anzurechnen. Diese Einnahmen waren in der Vergangenheit vorhanden und sind – wie der Bekl. eingeräumt hat – “den Parteien gemeinsam zugute gekommen. (…)“

„Die Kl. hat ihre Unterhaltsansprüche nicht verwirkt.
(…) Es ist unstreitig, daß die Kl. am 11. 5. 1991 anläßlich einer ehelichen Auseinandersetzung in der Wohnung der Parteien dreimal mit einem Revolver (Kaliber 4 mm) auf den Bekl. geschossen hat. Der Bekl. ist hierbei nicht verletzt worden; lediglich ein Streifschuß hat einen blauen Fleck auf dem rechten Oberarm verursacht.

Objektiv liegen damit die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 BGB vor. Die Kl. hat sich auf Notwehr berufen und geltend gemacht, der Bekl. sei ihr “in völlig angetrunkenem Zustand an die Gurgel gegangen“. Die Voraussetzungen der Notwehr (§§ 227 BGB, 32 StGB) hat die Kl. jedoch nicht bewiesen. Es gibt keine Tatzeugen. Der Zeuge H ist zwar unmittelbar nach den Schüssen in die Wohnung der Parteien gegangen, hat dort aber keine Beobachtungen gemacht, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, daß der Bekl. die Kl. vor den Schüssen angegriffen oder gar gewürgt hat. Dies geht zu Lasten der Kl., die die Beweislast für das Vorliegen der Notwehrvoraussetzungen hat. Die uneingeschränkte Inanspruchnahme des Bekl. ist aber dennoch nicht grob unbillig, da er selbst den Vorfall vom 11. 5. 1991 nicht als schwerwiegend angesehen hat.

Der Zeuge H hat bekundet, daß der Bekl. unmittelbar nach den Schüssen einen gelassenen Eindruck gemacht und sogar scherzend erklärt habe, daß er ein Projektil aus einer solch kleinkalibrigen Waffe mit den Zähnen auffange. Des weiteren hat der Zeuge bekundet, daß die Eheleute ihn einvernehmlich gebeten haben, über den Vorfall vom 11. 5. 1991 Stillschweigen zu bewahren. Beides deutet darauf hin, daß der Bekl. seinerzeit nicht beabsichtigt hat, irgendwelche Konsequenzen aus der Tat der Kl. zu ziehen. Dies steht auch im Einklang mit den Bekundungen der beiden Töchter der Kl. Diese haben bekundet, daß das Leben der Parteien nach dem Vorfall vom 11. 5. 1991 seinen gewohnten Gang genommen habe. Die Parteien hätten in der Folgezeit nicht mehr über jenen Vorfall geredet, sondern weiterhin wie bisher zusammengelebt und sogar ihren Hochzeitstag gefeiert. Auch die Tatsache, daß der Bekl. der Kl. nach der Trennung noch freiwillig Unterhalt gezahlt und sich auch im gesamten ersten Rechtszug nicht auf die Schüsse berufen hat, läßt nur den Schluß zu, daß er den Vorfall vom 11. 5. 1991 nicht als gravierend empfunden hat. (…)

Wie auch im letzten Jahr veröffentlichen wir im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können – Türchen für Türchen – entdeckt werden.

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