Wenn der Postmann zwei Mal Klingelt…

2 Dez

Dem Postmann darf man kein Hausverbot erteilen, AG Gummersbach, Urt. v. 12.04.2013 – 11 C 495/12, bestätigt durch LG Köln, Urt. v. 16.10.2013 – 9 S 123/13 – Adventskalender (2)

„Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks O in X, die Beklagte befördert gewerbsmäßig Briefsendungen.

Mit Schreiben vom 20.11.2011 sprach der Kläger gegenüber der Beklagten ein Hausverbot aus. Da die Beklagte das Verbot missachtete, erinnerte der Kläger mit Schreiben vom 25.11.2011 an das Hausverbot. Zugleich forderte er die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte verweigerte eine solche Erklärung und stellte weiter Post zu. Am 29.05.2012 erstattete der Kläger deshalb Strafanzeige gegen die Beklagte, auch sprach sein jetziger Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 31.07.2012 ein weiteres Hausverbot aus. Auch daran hielt die Beklagte sich nicht. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm ein durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zustehe. Durch die Postzustellungen trotz des Hausverbots sei sein Eigentumsrecht verletzt worden, es bestehe insoweit auch Wiederholungsgefahr.

Dazu das AG:

„Dem Kläger steht hinsichtlich seiner Forderung kein Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu. Zwar kann nach dieser Bestimmung der Eigentümer auf Unterlassung klagen, wenn sein Eigentum beeinträchtigt wird, und kann es eine Beeinträchtigung darstellen, wenn ein Grundstück entgegen einem erteilten Hausverbot betreten wird. Die vorliegende Klage hat aber keinen Erfolg, weil die Rechtsausübung unzulässig ist.

Wenn der berechtigte kein schutzwürdiges Interesse verfolgt oder überwiegende Belange der Gegenpartei entgegenstehen, kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein. Es kommt dabei nicht auf eine Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden an, sondern allein auf eine objektive Interessenabwägung im Einzelfall. Eine Unzulässigkeit in diesem Sinne ist u. a. dann gegeben, wenn der Berechtigte kein sachliches und dauerndes Eigeninteresse verfolgt, sondern die Rechtsausübung nur dazu dient, einen rechtsfremden oder unlauteren Zweck zu erreichen (vgl. Jauernig/Mansel, BGB, 14. Aufl. 2011, § 242 Rn. 37 u. 38 m. w. N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Es ist unstreitig, dass es bei den Zustellungen durch die Beklagte zu keinen Beeinträchtigungen des Eigentums des Klägers gekommen ist, die über die Missachtung des Hausverbots hinausgegangen wären. Der Kläger hat auch nicht ansatzweise begründet, warum die Beklagte ihm keine Post zustellen soll, d. h. die Voraussetzungen für ein schutzwürdiges Interesse sind nicht dargetan worden. Dass der Kläger möglicherweise keine G-Amtspost erhalten will, verdient keinen gerichtlichen Schutz. Zumindest stünden einem solchen Interesse überwiegende schutzwürdige Belange der Beklagten entgegen. Diese beruhen auf den Verpflichtungen eines gewerbsmäßigen Zustellers, wie sie sich im Einzelnen aus der erteilten Lizenz und den Bestimmungen des Postgesetzes ergeben.

Ferner das LG:

„Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner näheren Begründung, dass dem Kläger nicht bereits deshalb ein Verbotsrecht gegen Zustellungen durch die Beklagte zusteht, weil ihm die Inhalte oder die Absender der ihm zugestellten Briefsendungen nicht genehm sind. Aber auch unter Berücksichtigung des vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer mitgeteilten Motivs für die begehrte Unterlassung ist der Kläger zur Duldung der Zustellungen durch die Beklagte verpflichtet. Diesbezüglich ist vorgetragen worden, mit dem Verbot der Zustellung bzw. dem erteilten Hausverbot beabsichtige der Kläger, seiner Missbilligung über die nach seiner Ansicht stark verbesserungswürdigen Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der Beklagten Ausdruck zu verleihen.

Unabhängig von der hier nicht zu klärenden Frage, ob ein solcher Boykott zur Erreichung des von dem Kläger erstrebten Ziels überhaupt ein taugliches Mittel ist, so steht dieser doch keinesfalls im Schutzbereich des klägerischen Eigentums. Die auf § 1004 BGB fußenden Abwehr- bzw. Beseitigungsansprüche dienen der Durchsetzung der aus dem Eigentum fließenden Rechte, nicht aber der Verwirklichung sozialpolitischer Vorstellungen.“

Wie auch im letzten Jahr veröffentlichen wir im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können – Türchen für Türchen – entdeckt werden.

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