Oder anders gefragt: Dürfen Gefängnisinsassen wählen oder gewählt werden? Ein englischer Kollege hat mich darauf hingewiesen, dass dies in Großbritannien, trotz mehrmaliger Ermahnung durch den EGMR, immer noch nicht möglich ist. Zuletzt legte das Straßburger Gericht eine Frist bis zum 22. November fest. Ob sich in England etwas ändern wird, bleibt jedoch unklar.
Wie ist es aber in Deutschland?
Die Antwort gibt uns § 45 StGB, wo der Gesetzgeber eine der Nebenfolgen der Strafe regelt (vgl. auch § 13 Nr. 1 BWahlG):
(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. (2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht. (…) (5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
Nach Abs. 1 verliert man also automatisch für fünf Jahre das Recht, gewählt zu werden, wenn man wegen eines Verbrechens verurteilt wird. Das aktive Wahlrecht, d.h. das Recht zu wählen, wird jedoch nicht per se aberkannt. Dazu müsste zunächst die Aberkennung vom Gesetz ausdrücklich als Nebenstrafe gennant werden. Solche Anordnungen finden sich in den ersten Abschnitten des Besonderen Teils (Staatsschutzdelikte): §§ 92a, 101, 102, 108c, 108e Abs. 2, 109i StGB. In diesen Fällen kann der Richter nach pflichtgemäßem Ermessen das aktive Wahlrecht aberkennen. Anders war dies noch vor dem Ersten Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. StrRG), das zum 1. April 1970 in Kraft trat. Gem. § 33 StGB a.F. konnte der Richter die sog. bürgerlichen Rechte aberkennen, wenn eine Zuchthausstrafe verordnet wurde.
An der Wahl nehmen Gefängnisinsassen durch Briefwahl teil, wenn in der Gefängnisanstalt kein Sonderwahlbezirk gebildet wurde.
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