Ein Bordell in der Nachbarschaft als allgemeines Lebensrisiko

12 Dez

LG Berlin NJW-RR 2000,601 – Adventskalender (11)

„Allein die Existenz eines Bordells oder bordellähnlichen Betriebs ohne konkrete Beeinträchtigungen stellt nach Erachten der Kammer jedenfalls in einer Großstadt ohne Sperrbezirk einen minderungsbegründenden Mangel der Mietsache noch nicht dar. Denn in solchen Städten wird hingenommen, dass sich Vergnügungslokale, die nicht dem Sittenempfinden breiter Bevölkerungsschichten entsprechen, auch in Wohngebieten ansiedeln. Dementsprechend ist mit dem Betrieb eines solchen Unternehmens in der Nachbarschaft im Sinne eines allgemeinen Lebensrisikos zu rechnen.“

„Einen Mangel der Mietsache, der zur Minderung in Höhe von 20% berechtigte, stellen jedoch die nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme festgestellten konkreten Beeinträchtigungen durch den Betrieb des „Z” dar. Hierbei handelt es sich um Gestöhn bei Geschlechtsverkehr oder Folterungen, das in den Wohnungen zu hören ist, Zwischenfälle mit Handgreiflichkeiten vor dem Lokal und einen Vorfall mit einer unbekleideten Frau, die über die Straße floh, ein Kondom, das im Bereich der Haustür lag, nächtliche Belästigungen der Zeugin S vor dem Hause und Gäste, die nur mit Unterwäsche oder Bademantel bekleidet auf die Straße traten. Letzteres stellt zwar ebenfalls nur eine Beeinträchtigung des sittlichen Empfindens dar, ist aber – im Gegensatz zum bloßen Betrieb eines Bordells oder ähnlicher Einrichtung – als Störung nicht nur ein innerer Vorgang, sondern wirkt tatsächlich auf die Umgebung ein.“

In den nächsten Wochen werden wir jeden Tag im Stile eines Adventskalenders kuriose und witzige Urteile veröffentlichen. Bekannte Klassiker und Exoten, Mietrecht und Reiserecht können Türchen für Türchen entdeckt werden.

Eine Antwort to “Ein Bordell in der Nachbarschaft als allgemeines Lebensrisiko”

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  1. Damenhöschen aus Fischschleim? | Tanz-Michel - 12. Dezember 2012

    […] Ein Puff in der Nachbarschaft? Lebensrisiko! Kein Grund zu Mietminderung … es sei denn → wissmit.com […]

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