Der Richter ist an Recht und Gesetz gebunden. Das heißt, er hat auch Recht zu beachten, das nicht im Gesetz steht. Zum Beispiel Gewohnheitsrecht. Das heißt aber auch, dass er nicht nur dem Gesetz, sondern auch und insbesondere der Gerechtigkeit verpflichtet ist. Das hat das Berliner Kammergericht in einem Urteil, von dem Heribert Prantl in der heutigen Süddeutschen Zeitung berichtet, offensichtlich vergessen:
Die Angeklagte war aufgrund eines Brandgutachtens des Landeskriminalamts wegen Mordes, Brandstiftung und Versicherungsbetrugs verurteilt worden − zu lebenslanger Haft nebst anschließender Sicherungsverwahrung. Nach über zwei Jahren stellte sich nun glücklicherweise heraus, dass sie die Tat doch nicht begangen hatte, und es sich vielmehr um einen tragischen Unfall gehandelt hatte − Dank eines Gutachters, den sie aus eigener Tasche bezahlte. Anstatt ihr diese Auslagen zu erstatten, kürzte das Gericht die Erstattung mit der Begründung, der Gutachter habe zu hohe Stundensätze und Fahrtkosten berechnet. Sie hätte sich also einfacher einen günstigeren suchen sollen − um das schlampige Gutachten des LKA zu widerlegen. Zugegeben: ich kenne mich mit der Materie nicht aus, aber ich maße mir an, zu behaupten, dass diese Entscheidung, selbst wenn sie mit dem Gesetz übereinstimmt, kein „Recht“ sein kann.
Mit sowas kann man in Köln ein Staatsexamen bestehen?? Man fasst es nicht.