„The End of Impunity“ – Das Ende der Straflosigkeit. Unter diesen monolithischen Titel stellte David Scheffer seinen Vortrag zur Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen, mit dem er am 16. März im Neuen Senatssaal der Universität zu Köln zahlreiche Besucher in seinen Bann schlug. Die Veranstaltung erfolgte auf Einladung des Fördervereins des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht unserer Universität im Zusammenwirken mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sowie der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen. Prof. Claus Kreß, Direktor des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht, moderierte.

David Scheffer
David Scheffer, Professor am Center for International Human Rights der Northwestern University Law School (Illinois), kann wie kaum ein zweiter Wissenschaftler für sich in Anspruch nehmen, auch die Praxis der jüngeren Entwicklung des Völkerstrafrechts mitbegleitet und mitgeprägt zu haben. Als langjähriger Mitarbeiter der US-Außenministerin Albright war er in den 90er Jahren maßgeblich an der Einrichtung der Internationalen ad-hoc-Tribunale zur Aburteilung der Völkerrechtsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien und Ruanda beteiligt, führte als Sonderbotschafter 1998 die US-amerikanische Delegation bei den Gründungsverhandlungen des ständigen Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) und dient zur Zeit dem UN-Generalsekretär als Sonderberater zum Rote-Khmer-Tribunal in Kambodscha. Aus dem Füllhorn dieses Erfahrungsschatzes schöpfend begeisterte Scheffer mit einem Potpourri aus feinsinniger politischer Analyse, juristischem Scharfblick und Anekdoten aus dem Zirkel der Mächtigen. Trotz diplomatischer Gewandtheit in der Form geizte Scheffer dabei auch mit Blick auf die Haltung der USA nicht mit Kritik. Deutlich zeigte er den Widerspruch einer Politik auf, die die internationale Strafgerichtsbarkeit nur fördert, solange sie selbst und die eigenen Staatsangehörigen sich nicht an ihr messen müssen. Die im gegenwärtigen Kampf um die Präsidentschaft vielbeschworene Idee des „American exceptionalism“ brandmarkte er in diesem Zusammenhang als kontraproduktiv und letztlich sicherheitsgefährdend. Einen Schwerpunkt seines Vortrags bildeten die immensen rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten auf dem Weg zu den ad-hoc-Tribunalen für Ex-Jugoslawien und Ruanda. Hier gewährte Scheffer Einblicke in das Ringen um die Art und Weise ihrer Errichtung, ihrer Rechtsgrundlagen und die Rekrutierung einer geeigneten Richterschaft. Ferner betonte Scheffer den steigenden Einfluss der letzten beiden Jahrzehnte völkerstrafrechtlicher Praxis auf die praktische Politik, und unterstrich ihn durch einen Vergleich des haitianischen Ex-Diktators Cédras mit dem syrischen Präsidenten Assad: Während Cédras seit seinem Sturz durch US-Militär im Jahre 1994 ein komfortables Leben in Panama City führe, dürfe die strafrechtliche Verfolgung Assads einen festen Bestandteil der US-amerikanischen Syrienpolitik bilden.
Ausgiebig nahm Scheffer Bezug auf sein kürzlich erschienenes Buch „All the Missing Souls – A Personal History of the War Crimes Tribunals“, was der Lebendigkeit und Eindrücklichkeit des Vortrages keinesfalls abträglich war. Im Gegenteil bereicherte Scheffer sein Publikum durch sehr persönliche Einblicke in die Schwierigkeit, Erfahrungen eines leidenschaftlichen Lebensabschnitts einer Öffentlichkeit näherzubringen, ohne in Selbstbetrachtung, Apologien oder Verteidigung gegen den politischen Gegner zu verfallen.
Nach zwei Stunden Vortrag mit Diskussion und anschließendem Ausklang verabschiedete sich David Scheffer nach einer in jeder Hinsicht gelungenen Veranstaltung. Er hinterließ den Eindruck eines Mannes, der in Zeiten diplomatischer Verwendung das klare Wort nicht verlernt hat.
Dr. Lars Berster, Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht
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