Die Antwort ist: Ja! Auch wenn die Änderungen durch das 44. StGBÄndG auf den ersten Blick unscheinbar sind, bietet sich die Prüfung der neuen und alten Probleme geradezu an. Zur Erinnerung die Änderungen:
(1) Strafrahmenerhöhung in Abs. 1 von zwei auf drei Jahre
(2) Gefährliches Werkzeug als 2. Alt. neben der Waffe in besonders schweren Fall nach Abs. 2 Nr. 1
1. Strafrahmenerhöhung
Kernpunkt der Änderung ist die Anhebung der Strafandrohung des Grundtatbestandes, der nun an § 240 Abs. 1 StGB angepasst wurde. Der geringere Srafrahmen wurde bei der a.F. vom Gesetzgeber durch die besondere Zwangslage gerechtfertigt, in der sich der Täter befindet (nach Hirsch und Kindhäuser handelt es sich um ein Redaktionsversehen). Aktuelle Polizeistatistiken zeigten aber, dass Übergriffe gegen die Staatsgewalt sich bedeutend erhöht haben (30 % zwischen 1999 und 2008: BT-Drs. 17/4143, S. 6). Der Gesetzgeber sah deswegen Handlungsbedarf. Daran knüpfen neue und alte Probleme an:
a) Ist die Anhebung sinnvoll?
Das rechtspolitsche Argument dafür findet man schon oben gennant. Dagegen kann systematisch angeführt werden, dass Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auch von §§ 223ff. und 185ff. StGB erfasst wird (so der BT selbst: BT-Drs. 17/4143, S. 6). Nicht erfasst wird aber auch weiterhin der Widerstand gegen „normale“ Diensttätigkeiten (z. B. Streifendienst, schlichte Überwachungs- und Ermittlungstätigkeiten), siehe statt aller: BR-Drs. 646/10, S. 2. Eine Ausweitung auf diese Personengruppe wurde von der Bundesregierung jedoch abgelehnt mit Verweis auf den ausreichenden Schutz durch die §§ 223ff. StGB (!) (BT-Drs. 17/4143, S. 11).
b) Welche Rechtsgüter schützt § 113 StGB?
Unstreitig soll das rechtmäßige staatliche Vollstreckungshandeln geschützt werden. Überwiegend wird daneben auch der Schutz der Vollstreckungspersonen selbst gennant (BGHSt. 21, 334, 365). Diese müssen jedoch zum Tatzeitpunkt eine Vollstreckungshandlung vornehmen. Andernfalls kommt § 240 StGB zur Anwendung.
c) Verhältnis zu § 240 StGB?
Traditionell ist § 113 StGB lex specialis zu § 240 StGB. Argumente waren neben den Schutzgütern auch der geringere Strafrahmen. Nach dessen Modifizierung, können immerhin noch die Abs. 3 und insb. 4 als besondere Voraussetzungen die Priviligierung rechtfertigen. Konsequenz daraus ist, dass § 113 StGB eine Sperrwirkung entfaltet, wenn der Widerstand des Täters nicht unter den Tatbestand fällt. Anders verhält es sich, wenn das Opfer kein taugliches Tatobjekt ist (z.B. eine Politesse). Hier soll § 240 StGB anwendbar sein (str.). Fraglich ist daneben auch ob der Gewaltbegriff des § 113 von § 240 StGB abweicht (str.).
Schließlich wirkt sich die Änderung auch auf folgenden Irrtum aus: der Täter glaubt gegen eine Vollstreckungshandlung Widerstand zu leisten. Hier wurde entweder § 240 StGB mit dem Strafrahmen des § 113 StGB angewendet oder letzterer gem. § 16 II StGB analog angewendet. Vereinzelt wurde gar Straflosigkeit angenommen. Diese Lösungswege könnten obsolet werden, wenn man keinen Irrtum über die (entfallene) Prviliegerungssituation mehr annimt.
Zu (2) hier.
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